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Apokalyptische Matrix
Eine
Sendung des Bayrischen Rundfunks (Zündfunk-Generator)
von Matthias Leitner mit Victor und
Victoria Trimondi (Religionsforscher), Lutz von
Werder (Träger des deutschen Biografiepreises
2010), Knut Karger (Dokumentarfilmer) vom 31.10.2010 um 22.05 Uhr
Das ist doch kein Weltuntergang
Apokalypse und dann?
Verkündungen vom Ende der
Welt ziehen sich wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte. Der Zündfunk-Generator untersucht die Verbindung von
Weltuntergang und Apokalypse und fragt: Was wird bleiben? Also danach...von
uns, und überhaupt?

Der Reformator Martin Luther hatte gleich drei Jahreszahlen für die
Apokalypse parat. Die letzte: 1541. Der Kirchenspalter
beruhigte sich in Anbetracht des Weltengerichts mit seiner blütenweißen
Seele und dem Pflanzen von Apfelbäumchen. Für den Komponisten der
„Götterdämmerung“ Richard Wagner war klar: die Sonne geht spätestens 1849
zum letzten Male unter. Und die Zeugen Jehova verschieben den Termin des
Weltuntergangs seit ihrer Gründung im 19 Jh. regelmäßig: aktueller Doomsday soll der 20.03.2011 sein. Wer derzeit
allerdings im Wettbüro seiner Wahl auf den Weltuntergang tippen will, der
sollte auf den 21. Dezember 2012 setzen. Denn an diesem Tag endet der
mythenumwobene Kalender der Maya.
Falsche
Propheten wie Mahmud Ahmadinedschad oder der
US-Pastor Terry Jones lassen die apokalyptischen Reiter regelmäßig
aufsatteln. Sei es, dass der Iranische Präsident wieder einmal gegen das
teuflische Judentum wettert oder, dass der christliche fundamentalistische
Pastor zum neunten Jahrestag der Flugzeuganschläge des 11. Septembers
öffentlich den Koran verbrennen wollte. Terry hat sein Vorhaben aufgrund
internationaler Proteste abgesagt. Aber vor allem der ehemalige Präsident
der Vereinigten Staaten von Amerika George W. Bush junior
hat sich während Dienstzeit als Apokalyptiker ersten Ranges erwiesen – die
Folgen seines Regierungsstils sind heute noch in allen Nachrichten zu
sehen. Bush hat den Irak Feldzug explizit als heiligen Krieg bezeichnet,
die Vereinigten Staaten bekämpfen seiner Meinung nach nichts anderes als den
Teufel persönlich. Was genau meinen Politiker, Stammtischbrüder und
Prediger wenn sie Tod, Krieg, Hunger und Pest gallopieren
lassen?
Denn ursprünglich bezeichnet
das Wort „Apokalypse“ eine göttliche Offenbarung, das Heilsversprechen eines
künftigen Himmelreiches. Viel zu oft aber wird die Apokalypse gleichgesetzt
mit dem Katastrophenszenario-Weltuntergang und hat damit doch eigentlich
nichts gemein. Der Zündfunk Generator stellt
heute die Frage: welche Verbindung entsteht zwischen dem Weltuntergang und
der Apokalypse? Und wir wollen wissen: was wird bleiben? Also Danach...von
uns, und überhaupt?
In dieser Sendung wurde auch
ein Gedicht von Victor und Victoria vorgetragen, das
wir hier vollständig abdrucken. Leitner kommentiert:
In ihrem im Jahr 2010 spontan
verfassten, namenlosen Gedicht stellen die Religionsforscher Victor und
Victoria Trimondi viele Fragen. Antworten haben
sie ebenfalls zur Hand: für die Trimondis ist das
Übel unserer Zeit die apokalyptische Mentalität. Zu dieser haben sie mit
ihrem 2006 erschienen Buch „Krieg der Religionen – Politik, Glaube und
Terror im Zeichen der Apokalypse“ eine umfassende Studie vorgelegt. Als
Protagonisten der Apokalypse identifizieren die Trimondis
die selbstgerechten Frommen aller
Glaubensrichtungen. Diese berufen sich allesamt auf kanonisierte Urtexte
der religiösen Apokalyptik. Christliche Apokalyptiker beispielsweise haben
als Lieblings-Bettlektüre das letzte Buch der Bibel auf dem Nachtkästchen
liegen: die Johannes Offenbarung. Ein archaischer Text voller
surrealistischer Bildwelten, schwer dechiffrierbarer
Symbole und voll von destruktiver Kraft.
Die Apokalyptiker
Wer will ständig das Böse
richten?
Wer will mit Feuer die
Welt vernichten?
Wem ist jegliches
Verzeihen zu viel?
Wer hat die totale
Zerstörung zum Ziel?
Wem wächst ein blutiges
Schwert aus dem Mund?
Wer gibt nur
Hiobsbotschaften kund?
Wer kennt keine Gnade für
die Sünder?
Wer tötet selbst deren
schuldlose Kinder?
Wer sieht den Weg zur
Erlösung im Hass?
Wer hat am Untergang
anderer Spaß?
Wer fühlt sich immer von
Dämonen bedroht?
Wer verflucht seine
Gegner zu Folter und Tod?
Es ist das Heer der
selbstgerechten Frommen
Die jammern, sie seien zu
kurz gekommen
Es ist die apokalyptische
Mentalität
Die ständig den Samen des
Mangels sät
Die glaubt sie
vollstrecke Gottes Willen
Man müsse nur seine
Feinde killen
Damit das Paradies auf
Erden entsteht
Und das empfundene
Unglück vergeht
Nur wer aus Liebe und
positiver Kraft
Paradiesische Gärten
schafft
Hat die Macht und
Fähigkeit zu richten
Ohne Bestehendes zu
vernichten
Die Welt wird er neu
gestalten
Und nach humanen Regeln
verwalten
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