Frau Holle geht vorbei

 Reflexion über die alte Göttin, die zur Weihnachtszeit in Erscheinung tritt.

Vorweihnachtstage. Eine Mischung von Trubel, Hektik außen und erwartungsvoller Stille innen. Hier, in den Räumen,  scheint sich die Zeit zu verlangsamen. Der Sekundenzeiger hält, bevor er sich entschließt weiterzuwandern immer ein wenig inne, als würde er darüber nachdenken, ob es weitergeht, als würde er bei jedem Schritt Rückfrage halten an den großen Meister der Zeit, der die Räder der Zeitordnung justiert und ihren Lauf überwacht. Denn wir stehen vor der Sonnwend, wenn die Erde kurz stille steht, um sich dann umzuwenden und wieder auf die Sonne zu zu bewegen.  

Das Land ist weiß, durchzogen von Bändern graubrauner Strassen. Eine stattliche Frau geht mit großen weiten Schritten, die eher an die eines Mannes denken lassen, die Strasse entlang, am Haus vorbei. Bekleidet wie eine Bauersfrau mit ihrem Rock aus hellblauem groben Leinen und weißblau gemusterter Schürze, geschnürten Bergschuhen. Sie trägt einen Reisigbesen mit sich. Sie riecht nach Tieren. Durch die kleine Siedlung geht sie ohne anzuhalten. Es ist Frau Holle, die durch das Land geht. 

Immer um diese Zeit vor Weihnachten besucht Frau Holle persönlich die Menschen und Tiere in  ihrem Land. Für das ganze nächste Jahr bringt sie den Segen der Fruchtbarkeit zu Pflanze, Tier und Mensch. Sie weckt das Leben in den Wurzeln und Samen und erinnert diese an ihre Aufgabe für das nächste Jahr. Ein Rabe fliegt über ihrem Kopf. Auf ihrem Weg schaut sie, was die Menschen bereitet haben – ob sie fleißig waren und die Gaben der Natur würdigen. Dann ist sie zufrieden und hält ihre schützende Hand über sie. Diese Menschen haben dann genug Nahrung und alles was sie für den Winter brauchen.   

 

Wer ist Frau Holle?

Frau Holle ist die Beschützerin aller Menschen, die im Einklang mit der Natur leben, vor allem für die Landfrauen, die ihre Tiere versorgen und hüten, die die Geschenke von Feld und Garten entgegennehmen und weiter verarbeiten.  

Wo und wann tritt die Gestalt der Frau Holle auf? 

Die Gestalt der Frau Holle erscheint als eine weibliche alte Frau, die in der Zeit vor der Wintersonnwend über die Erde geht. Mit ihrem Besen weckt sie die Pflanzenwurzeln und erinnert sie daran, dass mit der Sonnwend der Jahreslauf sich wieder der Sonne zuwendet. Als mythische Gestalt erscheint sie entsprechend der Jahreszeit überall auf der Welt, natürlich unter anderem Namen. Sie ist ein Aspekt der Volksreligion.

Unter dem Namen Frau Holle tritt sie in Mitteleuropa auf. Weiter im Norden oder im Alpenraum kennt man sie auch als Frau Percht. Ruprecht bezeichnet eigentlich den Diener von Frau Perchta. Die Perchten sind Begleiter der Frau Perchta.

Das Jahr über ist Frau Holle in der Unterwelt. Der Zugang sind Höhlen, feuchte Stellen in der Landschaft oder ein Brunnen. Der Dorfbrunnen symbolisiert die Verbindung des Dorfes mit der Naturkraft der alten Göttin.

Heilige Quellen bringen die Botschaft der Göttin. Viele Kirchen wurden ursprünglich an solchen Stellen gebaut. Inzwischen wurde der Zusammenhang vergessen. Der Quellausgang wurde verschlossen oder nach außerhalb der Kirche verlegt. Damit hat die Kirche symbolisch keinen Zugang mehr zu den Quellen der Natur. Die Kirche selber erhält keine Erneuerung und Reinigung mehr und kann den Menschen nichts mehr bieten. Die Menschen suchen woanders nach Inspirationen. Die alte Religion erfährt in den traditionellen Bräuchen der Volksreligion wieder eine neue Bedeutung. Frau Holle erscheint in ihrer ursprünglichen Gestalt.

 

Frau Holles Zuständigkeit  

Frau Holle ist die Wächterin über den Rhythmus von Tätigkeit und Ruhe für Mensch, Tier und Pflanze. Sie gibt das Signal für die Pflanzen, wann Zeit ist für das Wachstum und Reife, sowie Ruhezeiten. Für die Menschen zeigt sie an, wann Vorräte für den Winter gesammelt und verarbeitet werden sollen. Sie überwacht die Reihenfolge der Arbeiten und Tätigkeiten des Jahreslaufs. Sie vermittelt das Wissen, wann was nötig ist, was wann zu tun ist. Dazu gehören auch die Ruhe- und Erholungszeiten. In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist jede besondere Arbeit verboten. Unglück hat, wer sich nicht daran hält. Die moderne Arbeitsweise widerspricht diesen Gesetzen und hat daher Krankheiten zur Folge.  Stress ist ein Ausdruck von Tun, das nicht nach den Gesetzen von Frau Holle entspricht. Diese Tätigkeiten haben nicht ihren Segen und werden keinen Erfolg haben. Sie bringen Früchte ohne Samen. 

Frau Holle ist die Schützerin der Hauswirtschaft. Sie ist für alles zuständig, was in einem Haushalt nötig ist, der in Verbindung mit der Natur ist. Dazu gehört die Haushaltsführung wie Ordnung, Sauberkeit und auch Vorbereitungsarbeiten. Sie treibt zum Arbeiten an, wenn die Zeit reif ist. Sie fördert Fleiß, Bemühung, und bringt Gelingen.

Im Märchen „Frau Holle“ wird das sehr schön dargestellt: „Hol mich raus, rufen die Brote, sonst verbrennen wir. Schüttle mich, sagt der Apfelbaum, meine Äpfel sind schon alle miteinander reif!“. Dies weist deutlich darauf hin, dass jede Tätigkeit an den richtigen Zeitpunkt gebunden ist. 

Frau Holle hütet das alte Wissen von einem gesunden Leben. Ihre wichtigste Pflanze ist der Holunder. Zu Ehren von Frau Holle gab es früher an jedem Hof einen Holunder. Ihn zu beseitigen bringt Unglück. In jeder Jahreszeit bringt der Holunder seine Geschenke für die Menschen. Hollerkücherl und Hollersekt von den Blüten, Hollersaft von den Beeren, der im Winter gegen Fieber hilft.

Zu den wichtigsten Gaben der Natur gehören bei uns die Äpfel und das Kraut, das als Sauerkraut das Vitamin C bereithält. All die Beeren des Waldes und Gartens werden getrocknet oder eingemacht zu Marmelade.

Ein gesundes Leben ist vor allem abhängig davon, dass der Rhythmus von Tun und Nichttun eingehalten wird.  

Frau Holle ist auch zuständig für die alte Kunst verschiedener Handarbeiten und alter Techniken wie Lein weben, spinnen und stricken. Die regionalen pflanzlichen Grundstoffe sind Leinen und auch Brennessel als Nessel. Tierische Wolle von Schafen. Filzen ist eine alte Tradition. In dem Märchen Dornröschen ist sie die dreizehnte Fee, die vergessen wird und dann als alte Frau im Turm Garn spinnt. Sie brachte das Daunenbett zu den Menschen unserer Gegend, das im Märchen immer geschüttelt werden muss. Wo Federbetten geschüttelt werden, können sich keine Hausstaubmilben aufhalten.

Abends kommt sie dorthin, wo Frauen zusammensitzen und handarbeiten und erzählt ihre Geschichten und alte Weisheiten. 

Der wesentlichste Aspekt von Frau Holle ist die Fruchtbarkeit, die sie bringt. Mit dem Besen werden die Mädchen, Frauen gefitzelt, berührt, wie mit einem Zauberstab. Der Besen ist aus Haselnusszweigen und macht empfänglich. Die Begleiter des Nikolaus  haben oft diesen Besen mit, der jedoch seine ursprüngliche Funktion verloren hat. An manchen Orten sitzen im Sack die Kinder, die Frau Holle bringt und im nächsten Jahr geboren werden sollen. Woanders bringt sie die Kinder unter ihrem Rock mit in die Wohnung der Menschen..........und vielleicht bleibt eines davon dann hier.

Ohne den Segen von Frau Holle gibt es keine Fruchtbarkeit. Wenn Frau Holle nicht einbezogen wird, besteht die Gefahr, dass die Zeit stehen bleibt. Das geschieht, als Dornröschen erwachsen wird und Frau werden soll. Es fehlte der Segen von Frau Holle bei der Geburt. Damit stagniert die Persönlichkeitsentwicklung.

Im Märchen Frau Holle wird der Grund genannt, der es nötig macht, Frau Holle aufzusuchen. Das Mädchen hat zu bluten begonnen, zum ersten Mal ihre Periode bekommen, symbolisiert durch die blutige Spule. Um zur Frau zu werden braucht sie die Einweihung durch die Frau Holle. Dies geschieht, indem sie sich auf den Weg macht. Die Spule fällt ihr in den Brunnen.  Der Weg führt in die Unterwelt. Schamanen haben drei Richtungen, in denen sie wandern können: In die Oberwelt, Mittlere Welt oder Unterwelt. Germanisch hel bedeutet hell, Holle, wurde durch das Christentum zur Hölle. Dadurch wurde uns die Unterwelt und damit der Zugang zur Erde verschlossen. In der Pubertät braucht es die Weihe der Frau Holle, um zur Frau zu werden. Das ist die Aussage des Märchens. Aber um Erfolg zu haben ist auch aktives Bemühen und eigene Entscheidungsfähigkeit nötig. Dann kommt der Segen der Frau Holle über die junge Frau. Die  meisten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Frau Werden von jungen Mädchen, wie Menstruationsbeschwerden beruhen auf diesem Thema.

Hebammen stehen natürlich speziell unter dem Schutz von Frau Holle. Nur mit ihr gelingt die Geburt ohne große Probleme (siehe Dornröschen). 

Die Märchen, die an den langen Winterabenden erzählt werden, handeln von Armut und dem plötzlichen Glück, das durch einen edlen Spender gewährt wird. Dahinter steht wiederum das Thema der Frau Holle, Gaben zu bringen für die, die brav und fleißig waren, das heißt, diejenigen, die in Verbindung mit der Natur leben, sie wertschätzen und würdigen. Leider wurde die Forderung nach Bravsein vom Bürgertum benutzt, um Mädchen einzuschränken und ihres natürlichen Selbstbewusstseins zu berauben. Gemeint ist hier der Gehorsam nicht den Menschen gegenüber, sondern gegenüber der Natur, als deren Repräsentantin die Frau Holle gilt. Das Motiv des Schenkens wurde vielfach geändert. Um von der alten Göttin abzulenken, stellte man die männliche Figur des Nikolaus in den Vordergrund, der jetzt mit dem Sack der Frau Holle auftritt. In seinem Mythos, in dem es darum geht, dass zwei arme Mädchen nur heiraten können, wenn sie genug Geld haben, scheint aber noch immer das alte weibliche Thema der Fruchtbarkeit als Gabe durch. Die traditionellen Gaben des Nikolaus waren Äpfel und Nüsse, Attribute der alten Göttin.  

In anderen Ländern, z. B. den Anden, ist es die Pacha Mama, die große Mutter, die von der Landbevölkerung verehrt wird. Zuweilen treffen auch heute noch einsame Wanderer eine alte Frau auf ihrem Weg, die ihnen etwas zu essen anbietet und danach plötzlich verschwunden ist.

Weihnachten als Zeit der Wunscherfüllung ist tief im Bewusstsein verankert. Wünsche sind dabei wie die Samen, die die Erweckung brauchen um sich mit dem Segen der Göttin zu materialisieren.  

Frau Holle ist die Hüterin der Familie im Sinne einer Lebensgemeinschaft aller Angehörigen. Hier wird nicht die Kleinfamilie verstanden, sondern die Eltern mit Kind und allen Menschen und dem Getier, was zu der Lebensgemeinschaft dazugehört. Die Weihnachtsgeschichte mit Hirten, Maria und Josef und dem Jesuskind spielt bei uns in einer bayerischen Landschaft im Schnee. Der Brauch, eine Krippe aufzustellen, entstammt nicht der Bibel, sondern der hiesigen Volkskultur in ihrem reichen Wissen.  

Reichtum als Ergebnis einer harmonischen Beziehung von Mensch und Natur. Dargestellt wird hier, wie der Mensch in Harmonie mit der Natur leben kann. Das bedeutet, dass der wahre Reichtum nicht in Äußerlichkeiten und Konsum zu finden ist, sondern im Zusammenleben von Frau und Mann mit den Haustieren in Hof und Feld. Alles ist da. Es ist keine ärmliche Krippe, die hier dargestellt ist, sonst würde niemand an einem wichtigen Festtag eine Krippe aufstellen. Die alte Mütternacht, die den Müttern geweihte Nacht war schon immer ein Fest der Natur. Denn es ist die Mutter der Natur, die hier gefeiert wird in Form eines Familienfestes. Die Geburt eines Kindes findet nicht in einer Stadt statt, sondern draußen in einer Hütte, nahe der Natur, zusammen mit all den Tieren. Die Wiedergeburt des Lichts wird symbolisiert als Christkind, ein Fest, das schon im alten Rom gefeiert wurde als Sol Invictus. Das Licht wird in die Welt gebracht, durch ein Kind. Dort wo die größte Armut ist, erscheint der größte Reichtum. 

Zugleich gibt es einen Hinweis für unsere Zeit. Fruchtbarkeit in Form von Innovationen und Wachstum. 

Frau Holle bringt Schönheit und Jugend für die, die ihre Gesetze befolgen. Sie bringt Erneuerung und erscheint an manchen Orten zu Weihnachten als Christkind, einem Mädchen in weißem Kleid.  

 

Die Attribute der Frau Holle 

An den Attributen kann man sie erkennen. In allen Ländern erscheint sie damit unter anderem Namen.

In Zypern z.B. hat die Göttin als Aphrodite ihren Ort in einer Grotte mit einem Teich im Nordosten der Insel genannt als Bad der Aphrodite.


Wirklichkeit oder Schein. Was hat Bedeutung? 

Was ist Wirklichkeit? Was ist Schein? Was sollte man ernst nehmen? Was hat Bedeutung? Ein Kunstwerk z.B. kann einen großen Einfluss ausüben. Auf die Menschen, die es betrachten, kann es harmonisch, beruhigend wirken oder anregen, Impulse vermitteln. Es kann durch seine Gestaltung Ordnung oder Chaos vermitteln. Genauso wie äußere Bilder und Formen, z.B. in der Architektur, wirken innere Bilder. Träume, Phantasien sind die Grundlage unserer Stimmungen und schaffen Atmosphäre, in der wir uns wohlfühlen oder uns in Unruhe versetzen.

Farben, Stimmungen, Gefühle benutzt die Werbung in der modernen Zeit. Sie sind Grundlage von Handlungen und Kaufentscheidungen. Nicht rationale Argumente zählen, sondern unsere Assoziationen.

Schon immer war dies die Methode der großen Religionen. Heute sind die Bilder und Gestalten des Christentums verarmt, haben ihre Wirkung verloren. Der Protestantismus wollte nur die falsche Benutzung von Heiligen durch die katholische Kirche anprangern, verlor jedoch dadurch den Zugang zur mythischen Seite des Menschen. Damit eröffnete er den Weg für die Industrialisierung und moderne Marktwirtschaft. Das Bedürfnis nach Bildern macht sich die Wirtschaft als Markt zu Nutze. Sie baut Marken auf, deren Produkte gekauft werden. Dabei benutzt sie alles, was ihr dient ohne rationale Kriterien oder Wertvorstellungen. Vor allem Ängste erzeugen einen Sog, der Menschen dazu bringt, das Produkt zu kaufen, das ihnen Sicherheiten verspricht. Der Weihnachtsmann ist eine Gestalt, die von der Werbung aufgebaut wurde, speziell von der Firma Coca Cola.

 

Christlicher Glaube als Gefäß für den alten Volksglauben 

Die offizielle Kirche ließ für anderes als der offiziellen Lehrmeinung keinen Raum.  Das Alltagsleben des Volkes hatte als Grundlage die alte Religion mit ihren Ortsheiligen.  Diese bekamen jetzt neue christliche Namen, damit die Traditionen weiter ausgeübt werden können. Für Frau Holle konnte kein rechter Ersatz gefunden werden. Nur der mütterliche Aspekt konnte in Maria als Mutter Jesu ausgedrückt werden und nahm den Platz als Mutter aller Kinder Gottes ein. So konnte der weibliche Aspekt der Weihnacht als Mütternacht bewahrt werden und strahlt weiterhin seine Kraft aus.  

Frau Holle als Märchen oder Realität? 

Bilder haben nur eine Wirkung, wenn eine Wirklichkeit dahintersteckt. Diese muss sich immer wieder erneuern. Wenn ein inneres Bild immer wieder erscheint, obwohl es von Außen keine Förderung erfährt, muss man ihm eine eigene Wirklichkeit zusprechen. Dies trifft auf die Gestalt der Frau Holle zu. Die meisten traditionellen Bräuche der Weihnachtszeit lassen sich nicht aus der christlichen Religion ableiten. Das meiste wurde jahrhundertelang bekämpft. Trotzdem erscheint es immer wieder. Dabei haben rationale Argumente keine Relevanz.

Innere Bilder sind psychische Tatsachen. Frau Holle als Archetyp im Sinne von C.G. Jung hat ihre Wirklichkeit. Insofern existiert sie.

 

Die Wirklichkeit hinter der Zeit 

Es gibt eine Wirklichkeit, die unabhängig ist von Geschichte, von menschlicher Entwicklung, von Auffassungen und Geistesgeschichte des Menschen wie Aufklärung etc.. Die Hüter der Elemente, die Wächter der zeitlichen Ordnung, der Abläufe von Wachstum und Reife in der Natur kennen nur den ewigen Kreislauf. Diese Hüter und Wächter sind Gestalten. Zu diesen gehört Frau Holle. Sie ist zeitlos und wirkt unabhängig von menschlichen äußeren Geschehnissen. Diese Gestalten weben das Netz hinter der sichtbaren Realität, aus dem die Geschehnisse und Ereignisse werden. Sie sind der Grund für Entwicklung und Wachstum auf jeder Ebene. Diese Gesetze sind die morphogenetischen Felder eines Rupert Sheldrake, der nicht umsonst Rupert heißt und damit auf Frau Percht hinweist. Der Untertitel seines Buches „Das Gedächtnis der Natur“ heißt: „Das Geheimnis der Entstehung der Formen in der Natur.“ Es zeigt, dass sein Wissen aus der Quelle kommt und direkt von Frau Percht inspiriert ist. 

Frau Holle hütet das Leben der Natur. Überall wo Leben entsteht und Wachstum ist, war sie vorher anwesend, hatte sie vorbeigeschaut. Kein Kind kommt ohne sie auf die Welt. Sie ist ein Mythos, eine Märchengestalt, die aber nichts desto trotz wirksam ist und daher Realität. Sie ist wahrnehmbar für diejenigen, die sie sehen wollen, sie gibt Rat denjenigen, die sich an sie wenden. Ihr Wissen ist zugänglich. Ihr müsst nur hinausgehen auf die Felder zu den Hecken und Rainen. Im Sommer wachsen dort ihre Blumen. Und wenn ihr genau aufpasst, hört ihr im Rascheln des Grases oder im Raunen der Blätter des Baumes ihre Worte. Sie ist allgegenwärtig dort, wo die Natur Raum hat. Im Winter ist sie mit dabei, wenn Frauen zusammensitzen beim Handarbeiten oder Backen. Es ist ihre Stimme, die dann mahnt: „Wir Plätzchen sind schon ganz durch, holt mich raus!“ 

© Liane Laschtuvka-Reyes, 19. Dezember 2008