Die Perchten kommen

 

Jetzt ist wieder die Zeit der rauhen Gesellen. In der abendlichen Dämmerung wird es draußen auf den Strassen lebendig. Von Ferne schon hört man es lärmen und mit Getöse. Die Perchten kommen scheppernd und bimmelnd als Schar von mehreren unheimlichen Gestalten, fellig mit Kuhhörnern, sackleinenen Gewändern,. Auf Adventsmärkten erscheinen sie für manche erschreckend plötzlich, für viele Zuschauer doch heiß erwartet. Traditionelle Gestalten wie die Percht, die Habergeiß mit Geißenhörnern, die Vogelpercht mit Schnabel, Holzmandl, gehörnte Gestalten mit Kuhglocken und Rasseln und Kräuterweiberln, manchmal zieht auch der Tod und der Bär mit.

Die Perchten. Woher kommen sie. Wer sind sie.

Dieser alte Brauch gehört speziell in die kalte Jahreszeit. Bekannt vor allem aus den Alpen, im Salzburger Land, aber auch im bayrischen Wald, hat er sich nun weiterverbreitet bis ins Voralpenland. In neuerer Zeit entstehen immer mehr Perchtengruppen oder „Passen“.

Krampussläufe sind dem 5./6. Dezember zugeordnet, Perchtenläufe der Zeit nach dem 22. Dezember, „den Zwölfen“, vor allem in der Nacht vom 5. auf 6. Januar. Der 6. Januar war schon immer der Frau Percht gewidmet und ist das ursprüngliche römische Neujahr.

Volksglaube und Christentum

In unterschiedlicher Ausprägung gab es im Winter schon immer Maskenzüge. Die ältesten Zeugnisse darüber sind aus dem 11. Jahrhundert. Neben der traditionellen überlieferten Form legen die Menschen in der jeweiligen Zeit zusätzlich ihren eigenen Sinn und Ausprägung hinein. So drückten sie während der Bauernkriege auf diese Art ihren Protest und ihre Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung aus.

Das Erscheinen der Gestalten ist auf bestimmte Tage festgelegt. Sie kommen aus der Tierwelt (Kuh, Ziege, Reh, Bär, Rabe), Sagen (germanische und keltische: Percht, Odin, Wotan) und christlichen Tradition (Tod, Teufel, Nikolaus, Hexe). Mit der Zeit trat eine Vermischung der verschiedenen Figuren des Volksglaubens mit christlichen Gestalten ein. Dagegen protestierte die offizielle Kirche und verbot die Perchtenläufe. Der Wunsch, die Qualität dieser dunklen Jahreszeit in Gestalt von bestimmten Figuren auszudrücken war jedoch so stark, dass das Christentum sich mit ihnen beschäftigen musste, die Gestalten insgesamt christianisiert wurden. Jede Gestalt wurde entweder zu einer Heiligen gemacht (Hl Barbara) oder verteufelt. Als Folge blieb aus der alten Tradition nur der Nikolaus, der von einer oder zwei dunklen Gestalten begleitet werden durfte. Dies symbolisierte die Herrschaft des Guten über das Böse. Die Percht, ursprünglich die Leuchtende, verwandelte sich in das Christkind, ein junges Mädchen, das als Engelsgestalt am Christabend erscheinen durfte. Dabei stößt sich niemand an dem Widerspruch zum Christentum, in dem es kein Christkind in Mädchengestalt gibt, aber auch keinen Weihnachtsmann.

Mythologie

Das Brauchtum der Perchten weist auf den alten Volksglauben und sein tieferes Wissen hin. Der Perchtenbrauch ist ein Naturbrauch, der die Abhängigkeit des Menschen von den Jahreszeiten, der Natur, ausdrückt. Im Brauchtum wird das Wissen der Völker unserer Kultur und Gegend überliefert. Hier gibt es lange Winter, in denen nichts wächst, in denen der Mensch konfrontiert ist mit den dunklen Seiten seiner Seele, in der sich die Lebenskräfte zurückziehen und die Natur schläft. Die Nächte sind lang. An den dunklen Abenden saßen die Menschen zusammen in der warmen Stube, beschäftigten sich mit Handarbeiten, Schnitzen, machten Hausmusik und erzählten sich Geschichten. Aus diesem Urgrund entstanden die Figuren des Perchtenlaufs.

Das Christentum, aus Nordafrika stammend, wuchs auf einer anderen Kultur, die sich aus einer völlig anderen Naturerfahrung entwickelte. Diese Kultur hatte andere Ausdrucksformen und Umgehensweisen mit der Natur, wie die biblischen Geschichten mit ihren Gestalten und Tieren zeigen.

In Mitteleuropa haben die Bilder und Geschichten eine für diese Gegend typische Ausdrucksweise, Figuren und Gestalten.

Tiere in der Mythologie

Die Tiere erscheinen als Mythologische Gestalten. Es sind die Totemtiere der indianischen Kultur, die tierischen Geistführer und Beschützer. Vor der Jagd oder Tötung eines Tieres war es Brauch, den Geistführer dieses Tieres anzurufen und ihn um Erlaubnis zu bitten, eines seiner Kinder zu töten. Dafür gab ihm der Mensch etwas von sich. Geschieht das nicht, so führt das Tun zu keinem guten Ende, denn der Mensch ist auch nur ein Kind des Schöpfers und hat nicht das Recht, von sich aus nach eigenem Belieben ein anderes Wesen zu töten. Die Folgen für den Menschen sind Krankheit und Unglück, denn die Tiergeister haben Macht auch über den menschlichen Körper, denn es ist ein tierischer Körper. Der Mensch braucht den Segen der Tiergeister um gesund zu bleiben.

Germanische und Keltische Mythen

Der Begriff der Perchten kommt von Perchta, der Göttin aus germanischem, slavischem, keltischem Bereich. Im süddeutschen Raum entspricht ihr die Frau Holle. Die Gestalt der Percht hat zwei Gesichter, ein altes hässliches und ein junges schönes. Hier drücken sich die grundsätzlichen Gegensätze aus und zeigen, dass beides immer zusammengehört, je nachdem, von welcher Seite man eine Sache betrachtet.  Perchta verkörpert die weibliche Seite, die in unserer patriarchalischen Welt zu kurz kommt. Die offiziellen Gestalten des Christentum sind neben dem Nikolaus und den Krampussen, Jesus als Christkind und die heiligen Drei Könige. Knecht Ruprecht ist wie der Name schon sagt, auch eine Verwandlung der weiblichen Percht. Maria stellt die einzige sichtbare weibliche Gestalt dar. Die übrigen Frauengestalten, wie Barbara, wurden in den Hintergrund gedrängt. Hier fehlt das weibliche Gleichgewicht.  Das Weibliche wurde jahrhundertelang verdrängt. Aus diesem Grund erschien es aus der Dunkelheit wieder als Hexe und Kräuterweiberl.

 

Christliche Gestalten

Das Christentum brachte aus dem Orient seine eigenen Gestalten aus der dortigen Kultur mit. Teufel wie auch Satan gibt es bei uns nicht, sondern wurde erst durch das Christentum eingeführt. Eine konkrete Geschichte gibt es hier in Burgkirchen (Landkreis Altötting) am sogenannten Teufelssteig. Ein Bischof musste aus Italien eine Glocke hertransportieren. Da diese sehr schwer war, brachte er einen Teufel dazu, ihm zu helfen. Dieser ist dann wohl hier geblieben. Zu Hexen gemacht wurden naturheilkundlich bewanderte Frauen, von denen sich die Vertreter des Christentums bedroht fühlten und sie verleumdeten mit dem Ziel sie zu vernichten. Hexen gab es vor dieser Zeit nicht. Der Tod und die Angst davor ist ebenso eine christliche Erfindung, denn für Germanen und Kelten bedeutete das Ende des Lebens nur einen Übergang in das Jenseits, in dem Überfluss und Freude existiert.