Pressebericht

13. September 2002

Gebirgs- und Volkstrachtenerhaltungsverein

"Almrausch" Wasentegernbach e.V.

 
"Trachten-Ehe" wird besiegelt
Die größten bayerischen Brauchtumsverbände verschmelzen
Traunstein/Deggendorf _ Das gerade begonnene dritte Jahrtausend steht ganz im Zeichen großer Firmen-Fusionen. Unternehmen schließen sich zu Konglomeraten zusammen, um schlagkräftiger zu werden. Derartige Synergieeffekte wollen nun auch die beiden großen Trachtlervereinigungen in Bayern freisetzen, wenn sie zu einer Organisation mit Hunderttausenden Mitgliedern verschmelzen.

Ein Herz und eine Seele: Wie dieses Paar wollen auch die beiden bayerischen Trachlervereinigungen gemeinsame Wege gehen.
dpa
Kommenden Dienstag wird Landtagspräsident Johann Böhm im Münchner Maximilianeum die Vereinigung vom Verband der bayerischen Heimat- und Volkstrachtenvereine sowie dem bayerischen Trachtenverband besiegeln. Der neue Dachverband wird die Geschicke von 1000 Vereinen, 300 000 Jugendlichen und Erwachsenen vom Allgäu bis Berchtesgaden und Unterfranken bis zum Chiemgau steuern. Dabei erhält die neue Organisation nicht nur den Namen vom bayerischen Trachtenverband, sie wird auch von dessen bisherigen Hauptsitz, in Traunstein, agieren. Dort wurde 1890 der Gauverband I gegründet. Aus diesem historischen Grund sei dieser Ort nun auch Sitz des neuen Gesamtverbandes, wie Otto Dufter, Landeschef des bayerischen Trachtenverbandes, erklärt.

Der Fusion ging ein jahrzehntelanger Hickhack voraus. 1910 wurde in München der "Konkurrenzverband" zu den Gauverbänden gegründet. Diese blieben der Gründung demonstrativ fern  und schlossen sich 1925 zum Vorläufer des bayerischen Trachtenverbandes zusammen. "Damit wurde die Trennung zwischen Oberland und Flachland deutlich", meint Trachtler Hans Zapf.

Otto Dufter räumt ein, dass es auch im Vorfeld der Verschmelzung "kleinere Querelen" gegeben habe. "Der Gebirgsmensch denkt halt anders als der Landmensch." Er wird konkret: Im Norden des Freistaats sei das Brauchtum, etwa Leonhardi- oder Georgiritte, Gaufeste und Heimatabende, weniger ausgeprägt als im Süden. Mancher Trachtler hätte gemeint: "Mir san mir, wozu brauchen wir den anderen?"

Doch Dufter ist überzeugt: "Die Zweigleisigkeit mündet nun in guter Einigkeit. Unser beider Programm war doch immer fast gleich." Die Abstimmungsergebnisse der Mitglieder bestätigen Dufter. Die Gauverbände votierten mit 16:2 für eine Fusionierung mit der anderen Trachtlervereinigung _ bei letzterer lautete das Resultat 4:1 dafür.

"Wir sind Demokraten genug, um das anzuerkennen", sagt Georg Mangold von der Oberländer Trachtenvereinigung, die dagegen waren. Die Zeit werde zeigen, was aus der "Verbands-Ehe" herauskomme. "Ich befürchte eine Erhöhung der Beiträge, weil die neue Verwaltung wie ein Wasserkopf aufgebläht werden könnte." Und es werde, so fügt Mangold an, "der Einfluss der Alpenkette" geschwächt, die die Wiege der Trachtenbewegung sei.

Bernd Walter aus Deggendorf, im Vorstand des Verbands der Heimat- und Volkstrachtenvereine, hält dagegen, dass "vieles einfacher wird". Jetzt könne man beispielsweise gemeinsam Zuschüsse beantragen und sich bei behördlichen Stellen besser Gehör verschaffen.
Am 28./29. September wird in Kloster Banz im oberfränkischen Staffelstein ein neuer Verbandschef gewählt. Otto Dufter will sich zur Wahl stellen. "Einen Gegenkandidat habe ich nicht, aber das kann sich ja noch ändern", schmunzelt er. Trotz neuer Stärke macht sich Dufter Sorgen um den Nachwuchs. Immer weniger Jugendliche haben Lust auf Trachten. "Das ist nicht mehr in", meint er. Oft würden Trachtler als "ewig gestrig" bezeichnet. "Gerade das sind wir eben nicht. Wir haben viel von der Welt gesehen, weil wir überall unser Brauchtum zeigen."

VON CHRISTIAN MINATY / Dorfener Anzeiger
Datum: 13.09.2002