Süddeutsche Zeitung am 25.09.2006 zur "Nacht der offenen Kirche" in Wartenberg am 22.09.2006

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Lange Nacht der offenen Kirche
Sehr viel mehr als nur ein Konzertabend

Sechs Chöre und Solisten gestalten in Wartenberg einen Abend mit sakralen Gesängen und Texten

(Wartenberg) - Beides konnte durchaus wörtlich genommen werden. Die "Lange Nacht der offenen Kirche" in der Pfarrkirche Wartenberg hatte zeitliche Ausmaße, die durchaus an Werke Saties erinnerten. Und die schwere Kirchentür stand zumindest auf der Südseite offen bis der letzte Ton verklungen war, lockte immer wieder Besucher herein. Ließ aber auch jederzeit die Möglichkeit, nach Hause zu gehen.

Es fällt nicht leicht, einen Begriff zu finden, der dem Chorgesäng, den Instrumentalstücken und den gelesenen Texten gerecht wird. Was die Mitglieder der Holzland-Seraphime mit Kopf und Kirchenmusiker Christian Rott, die von ihm geleitete Schola, Kinder- und Kirchenchor, oder die ebenfalls aus dem Holzland stammende Bruckner Kantorei unter Leitung des Seraphim Johanna Mayerhofer, die A Cappella-Formation Just 4 Fun und nicht zuletzt Johanna Pfeifer an der Orgel, eine Schülerin von Christian Rott, zu Gehör brachten, kann nicht einfach als Kirchenkonzert bezeichnet werden. Das würde nicht die Atmosphäre an diesem Abend, die Stimmung in der Kirche und auch nicht die Intentionen der Beteiligten beschreiben.

Viel eher konnte man diese Stunden als musikalischen Gottesdienst empfinden, als Andacht in Musik und Worten, was auch von den, den Stunden vorangestellten Titeln angedeutet wurde. Der Einleitung mit dem vom Kirchenchor gesungenen Bach-Choral "Sei gegrüßet, Jesu gütig", weiteren Chorälen und Orgelstücken von Reger oder Dubois, folgte eine Stunde, in der Psalme und die sie begleitenden und ebenfalls von Mindy Hegenauer und Helga Lechner gelesenen Texte Gedanken und Gefühle beschrieben, die sich dann auch durchaus in der Musik wiederfanden. Und im Flackern der zahllosen Kerzen. In den Lichterkränzen, die zum Altar führten. In den Kerzen, die um den Altarstein zwei große Kreise bildeten. Die auf den Seitenaltären leuchteten und auf der Umrandung der Predigtkanzel.

Zeit für elementare Gedanken

Wenn der Kirchenchor vor dem Altar "Jauchzet dem Herren" von Heinrich Schütz sang, ihm weitere Stimmen von der Empore antworteten, wurden die Kerzen zum hellen Licht. Schienen unruhig zu flackern bei Johann Pachelbels von Johanna Pfeiffer auf der Orgel gespielten "Toccata in C". Und hielten wohl im ersten Moment erstaunt in ihrer Bewegung inne, als die A Cappella-Formation Just 4 Fun zwar stimmlich einen kleinen grünen Kaktus nicht aus den Augen verlor aber mit großem Ernst "Lobet den Herrn vom Himmel her" sang. Einem Verkündigungsteil mit Chorälen oder Improvisationen mit Johanna Mayerhofer, Rolf Dollase und Christian Rott als Solisten folgte ein "Hochgesang aus dem Evangelium", in dem Bruckner Kantorei und Schola die Fantasie des Zuhörers in alte Klöster führte. Wohingegen die gelesenen Texte hier durchaus auch pragmatisch die Geschichte und Ansinnen des christlichen Gottesdienstes beleuchteten. Wer zwischenzeitlich einen Abstecher in häusliche Gefilde gemacht und damit vielleicht zu "Tatort" oder "Fun Freitag", fand sicher im abschließenden "Gebetsteil" wieder seinen Frieden und zu elementaren Gedanken.

Schon etwas leer geworden waren die Bänke, als beispielsweise ein wunderbares, mitunter flehendes, beschwörendes "Bleib bei uns" erklang. Die Bruckner Kantorei sang dieses Werk von Joseph Gabriel Rheinberger, Christian Rott ließ an der Orgel mit einer "Toccata" des französischen Komponisten und Organisten Eugène Gigout den Abend dann gegen Mitternacht grandios und fast ein bisschen "rockig" ausklingen.

Es war eben wirklich sehr viel mehr als nur ein langes Kirchenkonzert. So ganz anders. Und beeindruckend!

Peter B. Heim

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