Friedensgebet, 18. März 2006, 19.00 Uhr

evangelische Versöhnungskirche, Dorfen


Wunderbar geborgen“ - Zum 100. Geburtstag von Dietrich Bonhoeffer


Eingangslied

EG 637, 1- 4 „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“



Gebet

In einem Versteck hinter einem Dachbalken des Berliner Hauses, in dem Bonhoeffer am 5. April 1943 verhaftet wurde, überdauerte ein Manuskript die Zeit des Nationalsozialismus. Es trägt - in Anspielung auf die zurückliegenden Jahre seit 1933 - den Titel „Nach zehn Jahren".

Was Dietrich Bonhoeffer nie als Glaubensbekenntnis geschrieben hat, ist doch zu einem kraftvollen Zeugnis des Glaubens geworden:

Ich glaube,
dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten,
Gutes entstehen lassen kann und will.
Dafür braucht er Menschen,
die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage
soviel Widerstandskraft geben will,
wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im Voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen.

In solchem Glauben müsste alle Angst
vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum (Schicksal) ist,
sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

Dietrich Bonhoeffer

Amen



Meditationsmusik




Lesung

Psalm 22 und 23



Besinnung

Widerstand und Ergebung zum 100. Geburtstag von Dietrich Bonhoeffer

"Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns, am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag": Viele kennen dieses Lied und singen es gerne. Wer aber war Dietrich Bonhoeffer, der Autor dieses Gedichtes, dessen 100. Geburtstag, dem 6. Februar 1906, in diesem Jahr gedacht wird?

Wenn in der Öffentlichkeit von Bonhoeffer die Rede ist, dann meistens im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit im Widerstand gegen das Naziregime. Viele wissen auch noch, dass Bonhoeffer von Beruf Pastor war. Weniger ist schon bekannt, dass er einer der schärfsten theologischen Denker war, den die evangelische Kirche je in ihren Reihen hatte. Mit 22 Jahren Doktor der Theologie und mit 24 Jahren habilitiert, zählt er bis heute zu den Jüngsten, denen dies je gelang. Doch es war typisch für Bonhoeffer, dass er sich schließlich für die Kanzel, die Praxis im Pfarramt also, statt für das Katheder der Universität entschied. Glaube hatte für ihn immer mit Handeln zu tun.
Die Frage nach den Konsequenzen des Glaubens hat ihn zeitlebens beschäftigt. Sein berühmt gewordener Satz, "Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen," den er seiner Kirche im Zusammenhang mit den Rassegesetzen der Nazis ins Stammbuch schrieb, gibt davon eindrücklich Zeugnis.
Dass er einmal eine geistliche Laufbahn einschlagen würde, war ihm nicht an der Wiege gesungen. Sein Vater, Karl Bonhoeffer, war zu seiner Zeit eine Kapazität der deutschen Psychatrie mit Lehrstuhl an der Berliner Humboldt Universität. Sein Elternhaus war kirchlich kaum gebunden. So wunderte es nicht wenige, dass Dietrich sich schon früh auf das Theologiestudium festlegte. Für den musisch vielseitig Begabten dachten die Eltern auch an eine Pianistenlaufbahn.

Eine Entdeckung: Die Kirche

Das Studium absolvierte er in Tübingen und Berlin. In diese Zeit fällt auch ein Auslandssemester in Rom. Bonhoeffer ist überwältigt von der Präsenz der Weltkirche.
Seine lebhafte Neugier und seine Bereitschaft sich mit Unbekanntem auseinander zu setzen müssen, lassen erst gar keinen Dünkel gegenüber angeblich katholischer Pracht – und Machtentfaltung aufkommen.

Rom lässt ihn ein Lebensthema entdecken: Die Kirche.

Was ist eigentlich das Wesen der Kirche? Wie kann sie das Evangelium glaubhaft zu den Menschen bringen? Was ist von ihr an deutlichen Worten in den großen Auseinandersetzungen der Zeit gefordert? -

Diese Fragen werden Bonhoeffer nicht mehr loslassen.

Sein weiterer Lebensweg kann als eine persönliche Antwort auf diese Fragen gelesen werden.

Ökumene und 'Kirchenkampf'

Nach dem Studium folgen Auslandsaufenthalte in Spanien und in den USA. Hier am Union Theological Seminary in New York lernt er durch einen Freund den Pazifismus kennen. Nach seiner Rückkehr 1932 übernimmt er ein Studentenpfarramt in Berlin. Gleichzeitig wird er offizieller Vertreter der deutschen evangelischen Kirche in der jungen ökumenischen Bewegung.

Allen nationalistischen Tönen zum Trotz, die damals das Feld zu beherrschen begannen, sagt er auf einer Konferenz in Fanö/Schweden: "Wer ruft zum Frieden, dass die Welt es hört, zu hören gezwungen ist? … dass alle Völker darüber froh werden müssen?

Der einzelne Christ kann das nicht … Nur das eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann so sagen, das die Welt zähneknirschend das Wort Frieden vernehmen muss ...."

Mit Hitlers Machtergreifung weiß Bonhoeffer, was die Stunde geschlagen hat. Mit aller Konsequenz steht er auf Seiten der "Bekennenden Kirche", dem Teil der evangelischen Kirche, der sich dem Einfluss der Nazis auf die Kirche entgegenstellt. Er unterstützt sie in der inoffiziellen Pfarrerausbildung, leitet ein Predigerseminar. Er kritisiert seine Kirche aber auch, weil sie nicht eindeutig genug zu Hitlers Rassegesetzen Stellung bezieht. Viele meinen damals, wenn Hitler die Kirche in Ruhe lasse, dann müsse man ihn als weltlichen 'Führer' gewähren lassen. Bonhoeffer sieht auch hier weiter.

1939 wird er noch einmal nach Amerika eingeladen. Freunde sorgen sich um ihn. Man bietet ihm eine Professur in New York an. Doch Bonhoeffer lehnt ab. Kurz vor Kriegsbeginn ist er wieder in Deutschland.

Schon lange zuvor hatte Bonhoeffer sich mit der Frage des Widerstands beschäftigt. Was ist zu tun, wenn ein Verrückter über den Bürgersteig des Kurfürstendamms rase? - So lautete seine Frage und die Antwort fiel eindeutig aus: In diesem Fall dürfen Christen sich nicht mit dem Verbinden der Opfer begnügen. Es gelte, "dem Rad in die Speichen zu fallen". Was sich in einem kurzen Satz so plakativ und einfach ausnimmt, war für Bonhoeffer Gegenstand langer innerer Kämpfe und großer Gewissensnot. In der Konsequenz bedeutete es für ihn, den Weg in den aktiven Widerstand. Er konspirierte mit den Männern und Frauen des 20. Juli, war hier durch seine Auslandskontakte besonders wichtig.

Am 5. April 1943 wurde er von der Gestapo verhaftet. Bis zu seinem Tod sollte er nicht mehr freikommen. In seinen Briefen und Fragmenten aus dem Gefängnis tritt uns ein Mensch entgegen, der ganz in seinem Glauben geborgen ist, der aber auch offen von seiner Unsicherheit und seinen Ängsten sprechen kann. Intensiv setzt er sich mit der Frage auseinander, wie es möglich ist, Christ in einer glaubenslosen Umwelt zu sein.

Kurz vor Kriegsende setzt Hitler Bonhoeffer auf die Liste derjenigen, die nicht überleben sollen. Im Morgengrauen des 9. April 1945 wird Dietrich Bonhoeffer nach einem Scheinprozess zusammen mit anderen Verurteilten im KZ Flossenbürg erhängt. Einem seiner Mitgefangenen gibt er, als man ihn abholt, Grüße an Freunde in der Ökumene mit auf den Weg.

Die letzten Worte, die von ihm überliefert sind, lauten: "Das ist das Ende, für mich zugleich ein Anfang."

Mit dem Bonhoefferjahr 2006 begeht seine Kirche nicht nur das Gedenken an einen "evangelischen Heiligen", zu dem er - von ihm nie gewollt - faktisch geworden ist. Vor allem erweist sie damit einem kritischen Denker und Kirchenmann die Reverenz, dessen Fragen und Antwortversuche bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben.

Andreas Beneker, Mühldorf



Lied

EG 637, 5- 6 „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“



Gebet/

Vater unser

Lasst uns beten


Barmherziger Gott,

unser ganzes Leben ist Dir vertraut.

Du kennst die Konfliktherde und Hoffnungsorte
in unserem Alltag und in der Welt.

Leben und Glück, Freud und Leid der Menschen
sind Dir nicht gleichgültig.

Wir tragen in dieser Stunde unsere Sehnsucht
nach Frieden und Versöhnung gemeinsam vor Dich:


Wir vertrauen darauf, dass Du, Gott,
in jedem Menschen wohnst, weil Du Vater und Mutter aller bist.
Wir setzen uns dafür ein, dass Gerechtigkeit und
Fürsorge die Entscheidungen in unserem Leben bestimmen.


Lass in uns Toleranz und Achtung voreinander wachsen.
Nur so kann der Traum von einer Menschheitsfamilie Wirklichkeit werden.

Wir glauben daran,

dass Jesus Christus uns auf unseren Wegen zum Frieden begleitet.
Wir bemühen uns,

das Leid in der Welt zu sehen und zu lindern.

Gib uns Mut, Kraft und Weisheit,
Orte der Zuflucht zu schaffen für alle, die miteinander leben.

Nur so kann Versöhnung geschehen.


Wir hoffen darauf,

dass Deine Geistkraft uns mit Leben und Vernunft erfüllt.

Wir wollen ihr Wirken in uns spüren und uns bewegen lassen.

Führe uns Wege,
die wir aus eigener Kraft nie zu gehen wagen,
und lass uns Türen aufstoßen, die verschlossen scheinen.


Nur so beginnt Frieden.


Wir sind als Einzelne und als Kirche
mit unseren Begabungen und Fähigkeiten gerufen,
Spuren des Friedens sichtbar zu machen.

Wir vertrauen der Kraft Deiner Verheißung
und halten uns an Dein Wort,
wenn wir mutig Schritte des Friedens wagen.


So bitten wir Dich vertrauensvoll:

Schenke Deiner Welt den Frieden,

besonders dort, wo Krieg herrscht.

Steh den Opfern von Gewalt, Terror und Ungerechtigkeit bei.

Zeige den Verantwortlichen gewaltlose

Wege der Konfliktlösung.


Gott des Friedens und der Versöhnung,

Dich preisen wir in alle Ewigkeit


Amen.


Vater unser


Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit.

Amen!




Segensworte

Wieder kindlich werden:


erwartungsfroh ….

wieder staunen lernen


Berührt und gesegnet werden.


Berühren und segnen.


Zeichen setzen
in einer Welt

der Sinnlosigkeit ….


Friedens – Zeichen
wider der Botschaft der Gewalt.


So lasst uns nun in Frieden gehen:


Im Zeichen des dreieinigen Gott …

des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.


Amen



Lied

EG 171 „Bewahre uns Gott“



Verabschiedung




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