Das Konzept des Bürgernetzes |
Geschrieben von Administrator | |
31.10.2005 | |
Das Ziel des Bürgernetzes ist die Nutzbarmachung von elektronischer Kommunikation und elektronisch gespeicherter Information für jeden. Der Ausdruck "für jeden" ist dabei so zu verstehen, daß jedermann in allen Rollen, die er in der Gesellschaft inne hat, durch das Bürgernetz unterstützt wird. Der Schreinermeister z.B. soll also alle für sein Fach wichtigen Informationen über Holzsorten, Lacke, neue Verarbeitungsverfahren von seiner Innung beziehen können. Wenn dieser Schreinermeister überdies einen kleinen Betrieb führt, dann benötigt er zusätzliche Angaben über die Sozialversicherungsbeiträge, die er abzuführen hat, den rechtlichen Rahmen, den er beachten muß usw. Diese Informationen soll er von den jeweiligen Versicherungsträgern und Behörden abrufen können. Natürlich ist er auch daran interessiert, seine Waren zu verkaufen. Das Bürgernetz bietet ihm ein "elektronisches Schaufenster", in dem er seine Möbel darstellen kann. Ist unser Schreinermeister verheiratet und hat er zwei Kinder, die Schule und Kindergarten besuchen, dann muß er die Möglichkeit haben, mit Lehrern und Kindergärtnerinnen in Verbindung treten zu können - wann immer es seine Zeit erlaubt. Er muß Auskünfte über Schullaufbahnen erhalten können, etc. Es ist Aufgabe des Bürgernetzes, den Schreinermeister und all die anderen Bürger, die den Computer allenthalben als notwendiges Übel ansehen, zu befähigen, aktiv an einem Datennetz zu partizipieren. Dazu bietet es Einführungskurse und Weiterbildungsveranstaltungen an, in denen jeder lernen kann, die Angebote von Datennetzen zu nutzen und selbst Informationen einzustellen. Nun verfügt aber nicht jeder über die notwendige technische Ausrüstung, um am Bürgernetz teilzunehmen. Die Betreiber des Netzes sind daher gehalten, möglichst viele öffentliche Zugangsmöglichkeiten an zentralen Punkten, etwa dem Eingangsbereich einer Bank, einzurichten. Außerdem versuchen die Bürgernetzknoten, die in der Bevölkerung vorhandene Technologie zu nutzen. Eine Möglichkeit hierzu bietet z.B. das Telefax: Es ist ohne nennenswerten Aufwand möglich, eingehende elektronische Post in Faxformat umzuwandeln. Und über ein Faxgerät verfügt heute nahezu jeder kleine Betrieb. Ferner ist angedacht, Fernseher, die über Fernsehkabel gespeist werden, über sogenannte "Set-Top-Boxen" zu interaktiven Geräten zu machen und so die kostengünstige Teilnahme am Bürgernetz zu ermöglichen. Letztlich befinden sich bei verschiedenen Herstellern (SEGA, Nintendo) preiswerte Geräte in Entwicklung, die sich an ein Datennetz anschließen lassen. Die Namen der Hersteller duerfen hier jedoch nicht dahingehend mißverstanden werden, daß Spielgeräte für Kinder entwickelt werden; Es handelt sich dabei vielmehr um vollwertige Datenendgeräte für TCP/IP-basierte Netze! Der bloße Zugang zum Datennetz jedoch verspricht noch keine wirkliche Nutzung. Vielmehr müssen im Netz auch nutzbare Informationen zu finden sein. Hierzu wird das Bürgernetz alle gewachsenen Informationsquellen (im Falle des o.g. Schreiners also z.B. die Innung, die Handwerkskammer, den Versicherungsträger etc.) um Bereitstellung der für das jeweilige Klientel interessanten Inhalte bitten. Um es diesen Stellen zu ermöglichen, zumindest einen Basisinformationsdienst anzubieten, wird das Bürgernetz die erforderlichen Kapazitäten auf eigenen Rechnern bereitstellen. Institutionen, die aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, die entsprechenden Informationen einzubringen, werden dabei im Rahmen der vorhandenen Resourcen unterstützt. Ein besonderes Anliegen des Bürgernetzes ist es dabei, daß alle Gruppen, die gesellschaftlich wichtige, wirtschaftlich aber nicht attraktive Informationen anzubieten haben, ebenfalls in die Lage versetzt werden, ihre Tätigkeit durch Nutzung des Datennetzes zu unterstützen. Hier ist insbesondere an den sozialen Bereich gedacht, aber auch an Glaubensgemeinschaften, kleine Vereine und Interessensgruppen; Kleinst- und Nebenerwerbs-Betriebe sollen ebenso eine Chance erhalten. Das Bürgernetz ist also für jeden offen, ohne Rücksicht auf Name, Rang, Herkunft, Religionszugehörigkeit und ähnliche Kriterien. "Rosinenpicken" wird es nicht geben! Dem Bürgernetz ist natürlich bewußt, daß die Gewinnung von Wissen und Information oft mit hohem (insbesondere finanziellem) Aufwand verbunden ist. Institutionen, die dieses i.d.R. hochwertige und innovative Wissen bereitstellen, wird angeboten, sich an die Infrastruktur des Bürgernetzes anzuschließen und damit den Zugang zu diesen Daten für jedermann zu ermöglichen. Das bedeutet nicht, daß diese Informationen in jedem Fall kostenfrei verfügbar sein müssen. Wer auf einem Server im Bürgernetz Informationen hinterlegt, kann Hinweise darauf in einem zentralen, über alle Themengebiete reichenden Index einbringen. Aus diesem Index ist ersichtlich, um welche Informationen es sich handelt, wo die Informationen gelagert sind, wie darauf zugegriffen werden kann, welcher Urheberrechtsschutz dafür gilt. Dieser Index ist öffentlich zugänglich. Durch dieses "offene System" soll Dritten die Möglichkeit gegeben werden, Applikationen für das Datennetz zu entwickeln, die erst eine sinnvolle und praxisnahe Nutzung der Informationen ermöglichen. Steigt unser Handwerksmeister also über ein fachspezifisches Programm in das Datennetz ein, so erhält er eine Oberfläche, die seiner Denkweise als Handwerker entspricht. Daß die Informationen, die er abruft, im Hintergrund von mehreren Rechnern zusammengestellt werden, darf er höchstens an den unterschiedlichen Antwortzeiten des Systems merken. Besonderen Wert legt das Bürgernetz auf die Möglichkeit, über das System zu kommunizieren. In den Schulungen wird den Bürgern nahegelegt, zu jeder Informationsseite auch einen Hinweis zuzufügen, aus dem ersichtlich ist, wie der Informationsanbieter für Rückfragen zu erreichen ist. Moderne Benutzeroberflächen (etwa die Browser für das World Wide Web) bieten hier elegante Möglichkeiten, auf Knopfdruck z.B. elekronische Post zu versenden. Im Sinne einer erweiterten Basisdemokratie bittet das Bürgernetz auch jeden Informationsanbieter, sich in sogenannten "Newsgroups" der öffentlichen Diskussion zu stellen. Es ist eine für unsere Kultur ungewöhnliche Verhaltensweise, eine Information über ein öffentliches Medium zu bekommen und darauf zu antworten. Daher wird es eine wichtige Aufgabe der Bürgernetze sein, die Menschen an den verantwortungsbewußten Umgang mit den neuen Möglichkeiten ("Netiquette") heranzuführen. Daneben werden über das Bürgernetz selbstverständlich die Möglichkeiten des "Chat", also der Nutzung des Computers als Schreibtelefon, und des "IRC", das ist eine Konferenzschaltung von Schreibtelefonen, verfügbar sein. Und weil das Bürgernetz Bestandteil des Internet ist, wird die Kommunikation weltweit möglich sein. Die Aufgaben des Bürgernetzes sind vielfältig, wie eben beschrieben. Ein Teil davon ist im Sinne des Abschnitts "steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung gemeinnützig. Dieser Teil ist organisatorisch in der Regel aus dem Betrieb ausgegliedert und wird durch Vereine, den sogenannten Fördervereinen des Bürgernetzes, wahrgenommen. In Südbayern bestehen derzeit (Stand Juni 1996) 30 Fördervereine, von denen jeder den Aufbau eines eigenen Bürgernetzknotens vorantreibt. Daneben gibt es ca. 30 weitere Initiativen, aus denen heraus in Kürze Fördervereine gegründet werden. Alle Bürgernetzknoten stehen in engem Kontakt zueinander, denn ein koordinierter Aufbau der Inhalte ist zur Erreichung der Ziele unerläßlich. Durch die Inbetriebnahme des Bürgernetzes soll insbesondere dem Gedanken des Art. 5 GG, also des freien Zugangs zu öffentlichen Informationsquellen, Rechnung getragen werden. Das Verhältnis des Bürgernetzes zu privaten Anbietern ist also dahingehend zu verstehen, daß das Bürgernetz Basiswissen bereitstellt, das dann durch private Institutionen ergänzt wird. Wie sich derzeit abzeichnet, ist das Anbieten von Einwahlmöglichkeiten in das Internet bei den meisten Providern allenthalben "Zubrot", das notwendig ist, um gegenüber Inhaltsanbietern eine kritische Masse an Abnehmern vorweisen zu können. Das Bürgernetz könnte hier kommerzielle Provider entlasten. Diese könnten die frei werdenden Resourcen dafür verwenden, die angebotenen Inhalte qualitativ hochwertiger und mit höherer Präsenz anzubieten. In Bayern könnte also ein völlig neues und zunkunftsweisendes Szenario der Informationsverarbeitung entstehen, das international richtungsweisend wäre. |
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Letzte Aktualisierung ( 16.02.2006 ) |