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Nazi-Tibet-Connection


© Victor und Victoria Trimondi

Was interessierte die Nazis an Tibet und am tibetischen Buddhismus?

Deutsche Hakenkreuze im Himalaja – Die SS-Tibetexpedition und ihre Protagonisten in 9 Kapiteln (Auszug aus dem Buch „Hitler-Buddha-Krishna – Eine unheilige Allianz vom Dritten Reich bis heute“ – Wien 2002 – Ueberreuter Verlag)


Kapitel 3

Ernst Schäfer und Tibets Regent Reting Rinpoche: "Treffen des westlichen und östlichen Hakenkreuzes in Freundschaft und Frieden"

Die Erlebnisse der SS-Expedition hat Schäfer 1943 in einem Reisebericht publizieren lassen.  (1) Der Text endet jedoch mit dem Zeitpunkt, als er und seine "Kameraden" die Erlaubnis erhielten, Lhasa zu betreten. Was in den folgenden Monaten geschehen wird, darauf macht der Autor den Leser äußerst neugierig. Es gab - so schreibt er – ein "Spinnenweb" der Intrigen. Insbesondere kam es zu mehreren Zusammenstößen mit dem englischen Repräsentanten Hugh Richardson. Aber bald - so führt der Text fort - "verbindet uns ein Band inniger und herzlicher Freundschaft mit den 'lebenden Göttern' und den Häuptern der tibetischen Regierung. Die Zeit in Lhasa ist das größte Forschererlebnis, das ich je auskosten durfte." (2) Was in Lhasa wirklich vor sich ging, sollte jedoch erst viele Jahre nach dem Kriege publiziert werden. Die Ereignisse waren jetzt von jeglichem nationalsozialistischen Gedankengut gereinigt. (3)

 

Die SS-Tibetexpedition feiert das "Julfestritual" auf dem Dach der Welt

Als Schäfer vom Kashag, der tibetischen Regierung,  am 3. Tage des 10. Monats der Feuer-Tiger Jahres (Dezember 1938) die Erlaubnis erhielt, Lhasa zu betreten, feierte er dies als einen "großen Sieg" und besiegelte diesen mit einem Fest, das zu den wichtigsten Ereignissen der SS-Ritualistik zählte, mit einer Wintersonnenwendfeier: "Es lässt sich so einrichten," - schreibt er  - "dass wir die Sonnenwendfeier am 21. Dezember 1938 nur wenige Meilen von der tibetischen Grenze entfernt, an einem 4000 m hohen, idyllisch gelegenen Bergsee begehen können. Das ist ein großer Tag für uns, da wir im stillen Kreis um unseren kleinen Radioapparat sitzen, um den Worten des Reichsführers-SS, H. Himmler, der unser Schirmherr ist, zu lauschen. Von irgendwo aus dem Sudetengau klingt seine ruhige Stimme durch die Ätherwellen zu uns herüber. Dann ergreifen wir schweigend die Fackeln und begeben uns, gefolgt von unsrer treuen Eingeborenen-Mannschaft, hinunter zum Seeufer, wo wir uns im Widerschein des lodernden Feuers geloben, weiterhin auf Gedeih und Verderb zusammenzuhalten und unsere schöne Aufgabe zu lösen. Hier stehen wir zu Beginn eines neuen Lichtjahres an der Schwelle des großen geheimnisvollen Landes. Die Wintersorgen sind vergessen. Neues, Großes und Wunderbares steht uns bevor." (4)

 

An der Wintersonnenwendfeier sollten - nach einem Erlass Himmlers - die Ahnen geehrt werden. Es war der Tag, wo sich die Angehörigen der Schutz-Staffel (SS) ihrer Vorfahren erinnerten und an die Zukunft ihrer Nachfahren dachten: "So sind wir angetreten und marschieren nach unabänderlichen Gesetzen als ein nationalistischer, soldatischer Orden nordisch bestimmter Männer und als eine geschworene Gemeinschaft ihrer Sippen, den Weg in eine ferne Zukunft und wünschen und glauben, wir möchten nicht nur sein die Enkel, die es besser ausfochten, sondern darüber hinaus die Ahnen spätester, für das ewige Leben des deutschen Volkes notwendiger Geschlechter." – hatte der Reichsführer-SS 1936 proklamiert. (5)

 

Auch der "NS-Märtyrer" vom 9. November wurde an diesem Datum gedacht. Man deklamierte von Himmler selbst abgesegnete Weihesprüche. Zum Beispiel: "In das Dunkel der Welt trugen die Arier das Licht. Vom Norden her kam der große Glanz. Wir gedenken ihrer, die Brüder unseres Blutes waren und sind." Oder: "Wir sind dem Führer verschworen und verpflichtet. Wir glauben an ihn, weil er Deutschland, weil er Germanien ist. Sein Licht soll leuchten." (6) Oder das "SS-Treuelied", das mit der Strophe beginnt: "Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu, dass immer noch auf Erden für Euch ein Fähnlein sei." (7) Oder: "Stets hat vor Gott und der Welt der Stärkere das Recht, seinen Willen durchzusetzen." (8) Die hohe kultische Bedeutung der Wintersonnenwende zeigte sich auch dadurch, dass Himmler den Versuch machte,  sie anstelle der traditionellen Weihnacht zu setzen.

 

Der Expeditionsteilnehmer Bruno Beger beschreibt das SS-Wintersonnenwendefest in Bergen des Himalaja, welches sich auch in sein Gedächtnis tief eingeprägt hat, noch plastischer als Schäfer: Für teures Geld wurden fünf Zentner trockenes Holz gekauft. Dann zündete man den mitgebrachten Julleuchter an, ein für den Schwarzen Orden entwickelter Ritualgegenstand. (9) Dieser gab das Feuer weiter an die Fackeln, mit denen man den "petroliumgetränkten" Holzstoß in Brand setzte. Beger sprach feierlich die Worte: "Sonnenverwandte heilige Flamme schlage empor!". Schäfers "Ansprache aus bewegtem Herzen" ergriff alle und sie sangen: "Flamme empor ...." und "Hohe Nacht der klaren Sterne, die wie weite Brücken steh'n..." (10)

 

In einer "modernen" Fassung dieser Sonnenwendszene hat Schäfer 1989 alle NS-Assoziationen ausgemerzt. Sie zeigt jedoch deutlich, wie magisch-mystisch der Naturwissenschaftler diese Nacht am Changgu See in Sikkim erlebt hat. "Man weiß nicht, ob der See den Himmel oder der Himmel den See im letzten Schein der Strahlen widerspiegelt." – schreibt er in seiner Erinnerung, die Genien des Ortes hätten mit ihrem Geistertanz begonnen: "Grellgelb und brandrot flackert das Abendrot, die Wolkenstimmungen wechseln von Minute zu Minute immer eindrucksvoller und gewaltiger. Mählich schwimmen die düsteren Silhouetten der Berge, und seltsame Fabelwesen, Riesen und Zwerge, Gnome, Trolle, Nixen und Elfen werden lebendig. Je dunkler es wird, desto traumhafter und unergründlicher wird der lang gestreckte Kessel des Sees. Nebelbänke senken sich, bilden dichte Vorhänge trennen uns von der übrigen Welt." (11) Solche Szenarien sollten nicht als reine literarische Phantasie abgetan werden, sondern entsprachen einer neuheidnisch-animistischen Orientierung in der NS-Ideologie, welche die Geister der Natur wiedererwecken wollte.

 

Reting Rinpoches Botschaft an den deutschen Reichskanzler: "Dem trefflichen Herrn Hitler (König) der Deutschen, der erlangt hat  die Macht über die weite Erde!"

Die Begegnung Ernst Schäfers mit dem damaligen tibetischen Regenten Reting Rinpoche zeigt, dass sich die Vertreter der zwei Systeme persönlich "sympathisch" fanden.  Das Verhältnis des tragischen Priesterfürsten (12) zu dem Expeditionsleiter gestaltete sich äußerst herzlich und ihre Beziehung wurde so intim, dass Reting bei den gemeinsamen Treffen dem Deutschen den Bart zu kraulen pflegte. Auch dieser ist von dem Herrscher über Tibet, "dessen wundersamen Zauberkräften es gelang, die Wiedergeburt des XIV. Dalai Lamas ausfindig zu machen", hellauf begeistert. (13)

 

Die "Ausstrahlung" des Regenten ruft  bei Schäfer ein mystisches Erlebnis hervor: "Aber beim Nachdenken, beim Grübeln, Meditieren und in der Abwehr verändern sich die Züge des göttlichen Herrschers ganz und gar. Dann wirkt das Antlitz konzentriert und harmonisch. Die großen dunklen Augen erhalten einen eigenartigen Glanz und auf der gefalteten Stirn über den Brauenwülsten treten zwei Protuberanzen hervor, regelrechte Hauthörnchen. Das sind die göttlichen Zeichen des lebenden Buddhas, die mystischen Antennen, mit denen er die Wunder wirkt. Um ihretwillen wurde er als kleines Kind gewählt und als lebende Gottheit in das Reting-Kloster gebracht, nachdem seine Fußspuren schon als Säugling in den granitenen Fels gegraben hatten, als wenn es lockerer Sand gewesen wäre." (14) Der "exakte" Naturwissenschaftler, der das gesamte SS-Ahnenerbe nach dem Kriege als eine "okkulte Akademie" denunzierte, scheint dem mysteriösen Tibet erlegen zu sein: "Woher sie kamen, wer sie sind und wohin sie gehen, die geheimnisvollen Priester vom Potala, alles steigt dunkel aus dem Reich des Glaubens und des Mythos auf." (15)

 

Aber gleich darauf hören wir wieder den nüchternen Beobachter sprechen: "Ich selbst habe, solange ich in Lhasa weilte, weder einen Beweis, noch sonst ein wahrnehmbares Zeichen von okkulten oder 'übersinnlichen' Fähigkeiten des Regenten und Königs erhalten." (16) War Ernst Schäfer also doch ein Mann der exakten Wissenschaften und ein Skeptiker? Nein - dieser Satz sollte – nur eine erneute Bestätigung okkulter Phänomene einleiten: Der Regent hatte sich von Schäfer bereitwillig fotografieren lassen, nur filmen lassen wollte er sich nicht. So machte der Kameramann Ernst Krause Aufnahmen von ihm aus dem Verborgenen - doch nachdem die Filme entwickelt wurden, erschien die Gestalt des Regenten völlig verwaschen und war nicht mehr zu erkennen. "Wir stehen vor einem Rätsel." - so Schäfer voller Erstaunen – "Wir haben einen Tatbestand vor uns, ein echtes Phänomen, das wir, so scheint es, mit den Mitteln der Naturwissenschaft nicht ohne weiteres erklären können." (17) Der Zoologe holte sich Rat bei einem Religionspsychologen, der ihm erklärte, dass Heilige und Könige unbekannte Strahlen aussenden, die fotografisch nicht festgehalten werden könnten, die aber die Chromschicht eines Films zersetzen würden. Schäfer fand diese Erklärung ganz plausibel. (18)

 

Der SS-Mann gab den Ereignissen in Lhasa auch einen symbolpolitischen Hintersinn. Anlässlich einer Geschenkübergabe an den tibetischen Regenten, der die Expeditionsteilnehmer "als erste Deutsche in der heiligen Stadt willkommen" hieß, sprach Schäfer die folgenden Worte: "Die Götter und Dämonen waren uns während der langen Reise wohlgesonnen, denn wir kamen als Sendboten gegenseitigen Verstehens und nicht zuletzt, um die reine Philosophie der großen Religion in der heiligen Stadt zu studieren. [!] Da das Hakenkreuz auch uns Deutschen höchstes und heiligstes Sinnbild bedeutet, so stehe unser Besuch unter dem Leitspruch: Treffen des westlichen und östlichen Hakenkreuzes in Freundschaft und Frieden. Möge sich die hochherzige Freundschaft, die nun zum ersten Mal in der Geschichte angebahnt wird, uns allen zum gegenseitigen Nutzen gereichen." (19) Dieser Satz erfährt seine pathetische Steigerung, wenn man bedenkt, dass Reting Rinpoche während des Empfangs auf einem erhöhten Thron saß, dessen teppichartiger Untersatz einen vierteiligen Vajra (Donnerkeil) und vier Swastika [Hakenkreuze] abbildete. Ein Foto mit dem Regenten auf seinem "Hakenkreuzthron" ging später durch die gesamte deutsche Presse: "Auf seinem Gebetsteppich sind die Embleme der Macht des buddhistischen Staates dargestellt: der gekreuzte Donnerkeil mit der Sonnenspirale, das Hakenkreuz und die Lotusblume." – hieß es 1942 in der Berliner Illustrierten. (20) Hinzu kam, dass die Expeditionsteilnehmer mit einem Wimpel durch das Schneeland reisten, auf dem demonstrativ das Hauptsymbol des Nationalsozialismus mitflatterte. (21) Andere Wimpel trugen die beiden SS-Runen.

 

Schäfer hatte ganz bewusst die Gesamtexpedition unter das Motto "Treffen des westlichen und östlichen Hakenkreuzes" gestellt und diese Namenswahl zahlte sich voll aus: "Die Tibeter, denen das alte indo-arische Zeichen des Hakenkreuzes ebenfalls als höchstes Symbol des Glücks gilt," – so der Tibetforscher – "legten uns daher keine Schwierigkeiten in den Weg und da meine Verhandlungsbasis weiterhin darauf aufgebaut war, dass wir Deutsche die erste weiße Nation waren, die einer asiatischen, nämlich der japanischen, die Hand gereicht hatten, so öffneten sich uns während unseres zweimonatigen Besuches in der tibetische Hauptstadt die geheimsten Kammern der tibetischen Paläste und Tempel, ebenso wie jene der tibetischen Volkseele." (22)

 

Reting Rinpoche dankte für Schäfers "Hakenkreuzrede", kraulte dem Deutschen den Bart und übergab ihm zwei versiegelte Sendschreiben, eines an Adolf Hitler, "den Führer und Reichskanzler und ein weiteres für den Reichsführer-SS H. Himmler".  (23) Über den Inhalt des Schreibens an Himmler ist nichts bekannt, dasjenige an Hitler wurde später von den Tibetologen des SS-Ahnenerbes übersetzt: "Dem trefflichen Herrn Hitler (König) der Deutschen," – war darin zu lesen – "der erlangt hat die Macht über die weite Erde! (24) - Möge Ihnen miteinander körperliches Wohlbefinden, friedliche Ruhe und gute Taten beschieden sein! Gegenwärtig bemühen Sie sich um das Werden eines dauerhaften Reiches in friedlicher Ruhe und Wohlstand, auf rassischer Grundlage [!]. Deshalb erstrebt jetzt der Leiter der deutschen Tibetexpedition, der Sahib Schäfer (She-par), zumal keine Schwierigkeiten im Wege stehen, bis zu einem unmittelbaren Verkehr mit Tibet nicht nur das Ziel der Festigung der (persönlichen) freundschaftlichen Beziehungen, sondern hegt darüber hinaus auch den Wunsch einer künftigen Ausdehnung des vorgenannten gegenseitigen freundschaftlichen Verkehrs  auf (unsere beiderseitigen) Regierungen. Nehmen Sie nun, Euere Exzellenz, Führer (wörtlich König) Herr Hitler, zu diesem Verlangen nach gegenseitiger Freundschaft, wie sie von Ihrer Seite ausgesprochen wurde, unsere Zustimmung. Dies gestatte ich Ihnen zur Bestätigung mitzuteilen. Gegeben am 18. Tag des ersten tibetischen Monats, (im Jahr) Erde-Hase (= 1939) vom Qutuqtu von Rva-sgren, dem Reichsverweser und Regenten von Tibet." (25) Dann wurden Geschenke verteilt. Der "König von Deutschland", Herr Hitler, erhielt eine silberne Teekanne, einen weißen Seidenschal (Kathag) und einen Lhasa Apso Hund. Später soll der deutsche Diktator dieses Präsent mit einer gewissen Verachtung entgegen genommen haben. (26) Auch an den Reichsführer-SS wurden Geschenke mitgegeben. (27) Dem persönlichen Referenten Himmlers, SS-Hauptsturmführer Dr. Brandt – Reichsführung-SS – Persönlicher Stab, schickte Schäfer "einen Gebetsteppich aus Lhasa mit Hakenkreuzmustern". (28)

 

Die Botschaft des Panchen Lama an Hitler: "Ich weiß, dass mir Hsi Talé [Hitler] dabei helfen wird"

Schäfer hatte den Eindruck, die Tibeter seien an den politischen Ereignissen in Deutschland besonders interessiert gewesen. In ihm entstand das "glückliche Gefühl, dass die Macht des deutschen Reiches unter Adolf Hitler bis an die entlegensten und weltabgeschiedensten Teile Asiens ihren [hier fehlt ein Wort] entsendet und ich war stolz darauf, dass die tibetische Regierung, die ihr Land allen Vertretern weißer Nationen auf Anraten der Engländer eifersüchtig verschließt, gerade uns Deutschen den Engländern zum Trotz zum aller ersten Mal ihre Geheimnisse offenbarte und das packende Leben in der Hauptstadt und die faszinierenden Geschehnisse in der riesigen Klosterstadt zur Offenbarung gewillt war." (29)

 

Das Interesse tibetischer Kirchenfürsten an Adolf Hitler ist auch durch eine weitere Grußadresse dokumentiert. In den 30er Jahren besuchte der deutsche Geschäftsmann Edmund Fürholzer von China kommend Tibet. Er wurde vom IX. Panchen Lama empfangen. Einen Tag vor seiner Audienz nahm er an einer großen öffentlichen Zeremonie teil: "An der Spitze einer Offiziersabordnung marschiert der Militär-Buddha." - so bezeichnet Fürholzer den amtierenden Provinzgeneral Tsang Se Lin. Dann folgten ältere Lamas, dahinter selbstbewusste Khampas in chinesischer Mandarinentracht. Hunderte von Klosterschülern beendeten den Zug. "Mit einem Reisigpinsel zeichnet in Abständen von vielleicht zehn Metern  ein junger Mönch in hastender Eile  das segenbringende Zeichen des Hakenkreuzes glänzend weiß auf den Grund, über welches der Heilige [der Panchen Lama] seinen Weg nehmen wird." (30) Im Reisebericht Fürholzers ist das Photo eines dieser Swastika abgedruckt.

 

Am nächsten Morgen wird der Deutsche beim Panchen Lama vorgelassen. "Ich betonte" - schreibt Fürholzer - "dass in Deutschland großes Interesse für Tibet vorhanden sei. Sofort lenkte der Panchen Lama das Gespräch auf den Führer des deutschen Reiches und sagte, dass er die Taten des Hsi Talé aufs tiefste bewundere. Hsi Talé ist der tibetanische Name für Hitler, wobei das Wort Talé getrennt betont wird und sowohl dem Klang wie der Bedeutung nach dem Talé im Worte Dalai Lama entspricht und 'Alles Umfassender' heißt. Der Panchen Lama war außerordentlich gut über europäische und Weltvorgänge unterrichtet" (31)

 

Man weiß nicht, ob Fürholzer die folgende "Deutschlandhymne" dem Kirchenfürsten in den Mund gelegt hat, außergewöhnlich ist sie allemal: "Es gab immer in der Weltgeschichte große Reiche;" - sagte der Panchen Lama - "das wiedererstandene Deutschland aber ist das eindruckvollste. Es erobert die Welt nicht durch Waffen, sondern durch seine Gelehrten und Erfinder. Es schickt nicht Armeen, sondern Lehrer des Fortschritts. Als die ganze Welt gegen Deutschland kämpfte, lagen Hoffnung und Wünsche der kleinen Völker nur beim Deutschen Reich, dessen Sieg auch für sie Befreiung bedeutet hätte. Als Deutschland unterlag, glaubten wir trotzdem unvermindert an seine kommende Mission. Deutschlands Niederlage nach so vielen Heldentaten seiner Heere wurde überall mit Schmerz empfunden. Doch die Gewalten über uns haben es gut mit Deutschland gemeint. Nach innerer Läuterung steht es heute größer und herrlicher da als je zuvor. Aufs Neue ist es zum Führer, Lehrer und Befreier unterdrückter Völker geworden. [ .... ] Wenn ich erst einmal die Regierung des ganzen Landes wieder übernommen habe, entsende ich einen Vertreter zu Hsi Talé [Hitler], um den Führer des deutschen Volkes meiner Achtung und Freundschaft zu versichern. Dann kann ich auch an Reformen denken, die mein Land dringend braucht. Ich weiß, dass Hsi Talé [Hitler] mir dabei helfen wird. Überbringen sie meine Grüße dem Führer der Deutschen." (32) Das Interesse des Panchen Lama an Deutschland war sicher echt. Tibet, seit jeher ein Spielball zwischen China, Russland und England, suchte nach möglichen Bündnispartnern. So mussten den lamaistischen Kirchenfürsten die Kontakte zu den NS-Deutschen (im Übrigen auch zu den Japanern) sehr wertvoll erscheinen.


(1) Das aufwendige Buch, auf Glanzpapier gedruckt und mit vielen Fotos ausgestattet, trägt den pompösen Titel Geheimnis Tibet - Erster Bericht der Deutschen Tibetexpedition Ernst Schäfer 1938/39 - Schirmherr Reichsführer SS. Obgleich Schäfer eindeutig der Verfasser des Textes ist (denn er schreibt in der Ich-Form) wurde das Buch ohne Autorenname publiziert. Wahrscheinlich um noch schärfer das Unternehmen als eine kollektive SS-Expedition zu kennzeichnen.

(2) Ernst Schäfer - Geheimnis Tibet - Erster Bericht der Deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer 1938/39 - Schirmherr Reichsführer SS - München 1943, 178

(3) 1988 erschien hierzu im Windpferd Verlag das Schäfer-Buch: Das Fest der weißen Schleier - Begegnungen mit Mönchen und Magiern in Tibet. Der Text ist eine sehr lehrreiche und detaillierte Schilderung tibetischer Ritualfeste. Historische und politische Fragen, die der Besuch aufgeworfen hat kommen ebenso wenig zur Sprache, wie die Rassenforschung oder mögliche okkulte Interessen Himmlers.

(4) Ebenda: 164

(5) Heinrich Himmler - Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation - München 1936, 31

(6) Institut für Zeitgeschichte - München: Sprüche z. Julfeier - MA 306 - 59 3279 – 81

(7) Bundesarchiv Berlin: NS 021 / 000189 - Reichsführer-SS Persönlicher Stab

(8) Bundesarchiv Berlin: NS 021 / 000189 - Chef des SS-Hauptamtes – IA/O Az. 10 c10/31.5.37

(9) "Erfinder" des Julleuchters war Karl Maria Wiligut/Weisthor

(10) Bruno Beger - Mit der deutschen Tibetexpedition Ernst Schäfer 1938/39 nach Lhasa - Wiesbaden 1998, 112

(11) Ernst Schäfer - Über den Himalaya ins Land der Götter - Tibetexpedition in den dreißiger Jahren von Indien nach Lhasa, in die "verbotene Stadt" - Durach 1989, 155

(12) Reting Rinpoche hatte das Regierungsamt im Jahre 1933 übernommen. Obgleich er 1941 die Regierungsgeschäfte an seinen Nachfolger Taktra Rinpoche übertragen hatte, wollte er später die verlorene Macht für sich zurückgewinnen. Seit 1945 kam es deswegen zu immer schärfer werdenden Dissonanzen zwischen der tibetischen Regierung und dem Ex-Regenten. Man klagte später Reting wegen Hochverrats an, erklärte ihn für schuldig und warf ihn in die berüchtigten Kerker des Potala. Er soll grausam gefoltert und später erdrosselt worden sein. Andere berichten, man habe ihn vergiftet.

(13) Ernst Schäfer - Auf einsamen Wechseln und Wegen - Jagd und Forschung in drei Erdteilen - Hamburg 1961, 37

(14) Ernst Schäfer - Das Fest der weißen Schleier - Begegnungen mit Menschen, Mönchen und Magiern in Tibet - Durach 1988, 32

(15) Ebenda: 34

(16) Ebenda: 36

(17) Ebenda: 37

(18) Ebenda: 37

(19) Bundesarchiv Berlin:  R – 135 / 30 – "Gespräch bei der Geschenkübergabe", 23.  Im Schäfers Reisebericht nach dem Kriege ist der Satz nicht erwähnt. Da kommt das Swastika-Symbol unseres Wissens nur einmal vor, als er beobachtet wie es von Menschen als Glückszeichen an ihren Türen befestigt wird. (Ernst Schäfer - Das Fest der weißen Schleier - Begegnungen mit Menschen, Mönchen und Magiern in Tibet - Durach 1988, 135)

(20) Berliner Illustrierte vom 17. Dezember 1942, 671

(21) Bruno Beger - Mit der deutschen Tibetexpedition Ernst Schäfer 1938/39 nach Lhasa - Wiesbaden 1998, 158

(22) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 65 – 165635.  An mehreren Stellen in seinen Aufzeichnungen kommt Schäfer darauf zu sprechen, dass ihnen das deutsche Hakenkreuzsymbol die Tore geöffnet habe. Es sei ein "untrügliches Glückszeichen [....], welches immer von links nach Rechts verläuft." - bestätigten  tibetische Würdenträger. (Bundesarchiv Berlin: R 135 / 57 – 151360) "Wie mir ein einflussreicher Tibeter trefflich sagte, war es das erstemal in der Geschichte Tibets, dass sich das westliche und östliche Hakenkreuz unter dem Zeichen des Friedens auf der Basis kulturellen Austausches und wissenschaftlicher Erkenntnis treffen." – schreibt Schäfer in einem Zeitschriftenartikel.  (Bundesarchiv Berlin: R 135 / 75 – "Zum Film der deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer – Schirmherr: Reichsführer-SS")

(23) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 75 – 166321

(24) In den Akten des Sven Hedin Institut liegt auch eine andere, ungezeichnete Übersetzung vor, in welcher der Einleitungssatz folgendermaßen lautet: "An Herrn Hitler, den deutschen König, der auf der breiten Erde Macht erlangt hat" (Bundesarchiv Berlin: R 135 / 51 - 162385)

(25) Reinhard Greve - "Tibetforschung im SS-Ahnenerbe" in Thomas Hauschild - Lebenslust und Fremdenfurcht - Ethnologie im Dritten Reich - Frankfurt 1995, 175, Übers. v. Schubert

(26) Ganz anders wie der chilenische Diplomat und Faschist Miguel Serrano, der Begründer des "esoterischen Hitlerismus", der 20 Jahre später (1959) vom XIV. Dalai Lama eine Hündin derselben Rasse als Geschenk erhält und der das Tier als eine Inkarnation der Göttin Dolma (Tara) ansieht. Die kleinen Lhasa Apso Hunde galten als Wachhunde für die Gemächer tibetischer Lamas. Man erzählte, dass sie die Inkarnationen ehemals Verstorbener seien. Sie wurden von den Dalai Lamas als besonderes Geschenk für hohe Staatsträger überreicht.

(27) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 71 – 164962

(28) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 27 – 151105

(29) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 75 – "Zum Film der deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer – Schirmherr: Reichführer SS". Bei den Treffen mit lamaistischen Würdenträgern erzählte Schäfer immer wieder "von Deutschland, unserem Führer, unserem Reichsführer, unserer Politik, unserer weltpolitischen Lage im Vergleich zu Tibet und unseren großen deutschen Erfindungen." (Bundesarchiv Berlin: R 135 / 75 – 166183)

(30) Edmund Fürholzer - Arro! Arro! - So sah ich Tibet - Berlin 1942, 320

(31) Ebenda: 344

(32) Ebenda: 346. Solche Aussagen sind sicher mit Vorsicht zu betrachten. Fürholzers Buch wurde im Jahre 1942 publiziert. Das trifft zeitlich mit dem Plan Himmlers zusammen, das Schneeland gegen die Engländer zu mobilisieren. Die Aussage des Panchen Lama könnte also als propagandistische Äußerung dem Buch später beigefügt worden sein. (Die Szene muss im Jahre 1935 stattgefunden haben.) Aber sie kann ebenso der Wahrheit entsprechen, denn es ist bekannt, dass der Panchen Lama England feindlich gegenüber gesinnt war und deswegen in Hitler und den Deutschen eine politische Gegenkraft vermutete. 


Kapitel 4

Bruno Beger  – Rassenspezialist der SS-Tibetexpedition – zwischen Tibet und Auschwitz

 

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