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Nazi-Tibet-Connection


© Victor und Victoria Trimondi

Was interessierte die Nazis an Tibet am tibetischen Buddhismus?

Deutsche Hakenkreuze im Himalaja – Die SS-Tibetexpedition und ihre Protagonisten in 9 Kapiteln (Auszug aus dem Buch „Hitler-Buddha-Krishna – Eine unheilige Allianz vom Dritten Reich bis heute“ – Wien 2002 – Ueberreuter Verlag)


Kapitel 4

Bruno Beger  – Rassenspezialist der SS-Tibetexpedition – zwischen Tibet und Auschwitz

 

Dr. Bruno Beger, der rassenkundliche "Profi" der SS-Tibetexpedition, hatte bei Hans F. K. Günther studiert. Schon als junger Mann trat er der Schutz-Staffel (SS) bei und tat sich beim Rasse- und Siedlungshauptamtes (RuSHA) mit kleineren theoretischen Arbeiten hervor, meistens im Programmstil. In einem Aufsatz mit dem Titel "Der nordische Gedanke" forderte er von der SS: "Die diesen Gedanken auf ihre Fahnen schrieb und ihn in die Tat umsetzen will, hat die Aufgabe, die rechten Wege für eine restlose Aufartung unseres Volkes zu wählen. Unter Aufartung ist hier Aufnordnung zu verstehen." (1)  Vor allem arbeitete er über die Rolle  der Geschlechter im Schwarzen Orden: Zukünftige Frauen von SS-Männern hätten sich einer besonders scharfen rassenkundlichen Eignungsprüfung zu unterziehen, bevor einem "Verlobungsgesuch" stattgegeben werden konnte. Auch im Projekt "Lebensborn" war Beger engagiert: "Die SS ist heute bereits maßgebend daran beteiligt, die Frühehe zu fördern und die Geburt wertvoller unehelicher Kinder zu fördern." - erklärte er in einem Bericht. (2) Zu seinem Spezialgebiet zählte weiterhin die Ausarbeitung für die Kriterien von Sterilisierungs- Kastrations- und Abtreibungsprogrammen, um "unwertes Leben"  zu verhindern. Die Zielsetzung seiner rassistischen Tätigkeit fasste er in dem folgenden Satz zusammen: "Das Auslesevorbild, das 'Zuchtziel' unseres Volkes und, in ihm als Vorkämpferin, der SS, ist die nordische Rasse". (3)

Auf der Suche nach den Spuren nordischer Einwohner in Tibet

1937 wurde Beger zum Persönlichen Stab des Reichsführers-SS versetzt und erhielt den Auftrag, einen Nachweis von nordischen Rasseelementen im Himalaja zu erbringen. An den Anfang eines Referates aus dieser Zeit stellte er die Fragen: "Warum steht Tibet seit vielen Jahrzehnten im Brennpunkt der Erforschung der Welt?" Ist es dieser Reiz des Unbekannten und scheinbar Unüberwindlichen? "Doch ist das alles? Strahlt nicht noch etwas ganz anderes seine geheimnisvolle Anziehungskraft aus? Nämlich die innerasiatische Form des Buddhismus. Das mystische Dunkel des lamaistischen Klostertempels? Das Wesen, die Seele des Hochlandes und seiner Menschen?" (4) Als erstes legte er ein "anthropologisches Forschungsprogramm für Ost-Tibet" vor, das unter anderem die folgenden Punkte enthielt: "Suche nach fossilen Menschenresten. Suche nach Skelettresten früherer nordischer Einwohner. Erforschung der nordischen Rasse unter der Bevölkerung. Anteil und Herkunft (Tocharer, Inder), Bedeutung (im Adel, Schönheitsbild usw.) und Entwicklung (Klimaeinflüsse u. ä.)." (5) Die rassenpolitischen Forschungen waren also ein Zentralanliegen der SS-Expedition. (6)

 

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass der "NS-Rassenpapst", Hans F. K. Günther, den ausgestorbenen innerasiatischen Stamm der Tocharer (in Turfan und Kutscha) der indogermanischen Rasse zuordnete, indem er sich vor allem auf sprachwissenschaftliche Studien berief. Als weiteren Beweis für seine These führte er einige Wandgemälde aus dem buddhistischen Kloster Bäzäklik an. Günther erkannte darauf mehrere "rotblonde, helläugige tocharische Buddhisten." (7) Nach seiner Vorstellung hatten sich die Tocharer in ganz Innerasien ausgebreitet und dort bei unterschiedlichen Stämmen die kulturprägende Machtelite gebildet. Dies gelte auch für den tibetischen Adel: "Von Ostturkistan aus scheint ein geringer Einschlag nordischer Rasse durch Saken (8) oder Tocharer auch in Tibet verbreitet worden zu sein, vielleicht in der Weise, dass einzelne tocharische oder sakische Geschlechter [....] zu Herrengeschlechtern der tibetischen Bevölkerung geworden sind." (9) Heinrich Himmler war ganz allgemein der Meinung, dass die meisten asiatischen Völker, auch die Chinesen und Japaner "einmal Kolonialvölker eines zentralen Staates und Volkes - wie ich annehme - Atlantis gewesen sind, also aus Völkern bestanden haben, die Jahrhunderte oder Jahrtausende eine, nennen wir es einmal eine atlantinische Herrenschicht gehabt haben. Diese atlantinische Herrenschicht hat wohl der Kultur und Sprache dieser Völker ihren Stempel aufgedrückt." (10)

 

Schäfer und Beger forschten also im Sinne des für das gesamte SS-Ahnenerbe formulierten Auftrages, Nachweise von der einstigen Weltherrschaft der arischen Herrenrasse zu erbringen. Diese soll bei allen großen "nichtsemitischen" Kulturgründungen von Ägypten über ganz Amerika bis nach Polynesien tätig geworden sein. Hinter einer solchen Vision verbarg sich Himmlers Überzeugung von der absoluten Überlegenheit, ja Göttlichkeit der Urarier. Jeder in dem SS-Verein war geradezu davon besessen, diese "Arierthese" durch archäologische, sprachwissenschaftliche, biologische, kulturologische Beweisstücke zu festigen. In Asien hoffte man nicht nur Monumente zu entdecken, sondern auch Überlebende der einstigen Superrasse in Fleisch und Blut ausfindig zu machen. (11)

 

Während der Tibetexpedition nahm Beger an 376 Einwohnern des Himalajas Schädelmessungen vor und ließ annähernd 2000 Personen für den "rassenwissenschaftlichen" Vergleich fotografieren. Resultat dieser Messungen war ein Vortrag, in dem er den Tibetern eine Stellung zwischen der mongolischen und europäischen Rassengruppe zugestand, "mit allerdings stark mongolischem Übergewicht. [ .... ] Das europäide Rassenelement [zeige] sich vor allem im tibetischen Adel." (12) Auch die Verbreitung des Hakenkreuzes in Tibet führte er als Beweis für einen nordischen Einfluss an. Das mongolide Übergewicht sei bei den Tibetern durch folgendes Symbol anschaulich zum Ausdruck gebracht: Es "erscheint mir versinnbildlicht in den beiden Glücks- und Heilszeichen, mit denen beinahe jede tibetische Haustür bemalt ist, nämlich in der nach oben offenen Mondsichel mit dem flammenden Sonnenball, dem Heerzeichen der Mongolenhorden Dschinghis Khans, über dem Hakenkreuz indo-arischen Ursprungs." (13)

 

Als hervorstechende Merkmale der tibetischen Adeligen nannte Beger: "Hoher Wuchs, gepaart mit langem Kopf; schmales Gesicht, Zurücktreten der Backenknochen, stärker hervortretende gerade oder leicht geschwungene Nase mit hohem Nasenrücken, schlichtes Haar und herrisch selbstbewusstes Auftreten." (14) - "Für unsere gesamten Forschungen auf allen Gebieten der 'Sektion Mensch' ist diese Zwischenstellung [der Tibeter] von größter Wichtigkeit." - resümierte er - "Sie kann darüber hinaus aber noch einmal bei der politischen Abgrenzung der Vorfelder und Einflussgebiete des europäischen und ost-asiatischen Großraumes Bedeutung erlangen. Das Schicksal Innerasiens wird in Zukunft nicht auf dem Boden Innerasiens, sondern von den angrenzenden Großmächten bestimmt." (15) Die europäiden Einschläge bei den Tibetern  machten diese zu potentiellen Bündnispartner.

 

Ex post erschien dem Rassenspezialisten Beger die SS-Tibetexpedition jedoch nicht einheitlich genug. Allzu viele verschiedene, untereinander nicht verbundene Fachdisziplinen seien hier vertreten gewesen und es habe an weltanschaulicher Klarheit gefehlt. In einer Denkschrift mit dem Titel "Rassenkundliche Verhältnisse in Tibet als Forschungsziel" formulierte er dann seine Vorstellungen über die "Neugestaltung künftiger wissenschaftlicher Gemeinschaftsexpeditionen". Sein Plan für eine neue Tibetexpedition "X" ("Die nordische Rasse ('Indogermanen') in Asien.") sieht folgende Forschungsgebiete vor: 1. Rassengeschichte der Indogermanen (Wanderwege) ~ 2.- Rasse und Umwelt (Landschaft und Urheimat der innerasiatischen beziehungsweise vorderasiatischen Rassen) ~ 3. Rasse und Geschichte (Einwirkung der Indogermanen auf Staatenwelt und Politik Innerasiens bzw. Vorderasiens) ~ 4. – Rasse und Kultur ~ 5. – Rasse und Weltanschauung (Beziehungen zwischen Christentum und innerasiatischer bzw. vorderasiatischer Rasse) ~ 6. Rasse und Biologie ~ 7. Rassenkunde (Die leibliche Gestalt der Indogermanen Innerasiens bzw. Vorderasiens). (16)

Szenarien aus der KZ-Hölle: Dr. August  Hirt und August Beger stellen eine Skelettsammlung aus ermordeten Häftlingen zusammen

Nach Deutschland zurückgekehrt, wurde die Einrichtung einer "Schädelsammlung" insbesondere von Juden und innerasiatischen Rassetypen zu Begers idée fixe. In einen Brief (Dez. 1941) an den Reichsgeschäftsführer des SS-Ahnenerbes, Wolfram Sievers, schlägt er vor, eine Kollektion von "Judenschädeln" anzulegen. (17) Eine von ihm verfasste Denkschrift aus derselben Zeit stellt fest: "Nahezu von allen Rassen und Völkern sind umfangreiche Schädelsammlungen vorhanden. Nur von den Juden stehen der Wissenschaft so wenig Schädel zur Verfügung, dass ihre Bearbeitung keine gesicherten Ergebnisse zulässt. Der Krieg im Osten bietet uns jetzt Gelegenheit, diesem Mangel abzuhelfen. In den jüdisch-bolschewistischen Kommissaren, die ein widerliches aber charakteristisches Untermenschentum verkörpern, haben wir die Möglichkeit, ein greifbares wissenschaftliches Dokument zu erwerben, indem wir uns ihre Schädel sichern." (18) Für das (gescheiterte) Projekt K ("Totalerforschung des Kaukasus") wollte Beger Skalpelle und  "Fleischmaschinen" mitnehmen, wahrscheinlich um Skelettproben der dortigen Bevölkerung herzustellen. (19)

 

Da die Lage an der Ostfront aber immer chaotischer wurde, kamen Bruno Beger, sein Duz-Freund August Hirt und Wolfram Sievers auf die Idee, sich das Material für die Schädel- beziehungsweise Skelettsammlung aus dem KZ Auschwitz zu besorgen. In einem Brief an den Reichsführer-SS hatte sich Hirt vorher die Erlaubnis von höchster Stelle eingeholt. Das Schreiben trug den Betreff: "Sicherstellung der Schädel von jüdisch-bolschewistischen Kommissaren zu wissenschaftlichen Forschungen an der Reichsuniversität Straßburg." Hirt beschrieb darin detailliert, wie vorgegangen werden solle. Zuerst müssten die Versuchspersonen anthropologisch vermessen und dann photographiert werden: "Nach dem danach herbeigeführten Tode des Juden, dessen Kopf nicht verletzt werden darf, trennt er [ein Jungarzt oder Medizinstudent] den Kopf vom Rumpf  und sendet ihn in eine Konservierungsflüssigkeit gebettet in eigens zu diesem Zwecke geschaffenen und gut verschließbaren Blechbehältern zum Bestimmungsort." (20)

 

Beger brachte als besonderen Wunsch "Schädel von Innerasiaten" für das Sven Hedin Institut ein. Er besuchte am 6. Juni 1943 das Konzentrationslager Auschwitz und begann dort mit seiner "Mongolen-Forschung". Zielsetzung dieses Projektes war die "Vertiefung und Erweiterung unsrer rassenkundlichen Kenntnis von den inner- und ostasiatischen Völkern unter Auswertung des uns durch diesen Krieg in den Gefangenen aus Inner- und Ostasien in die Hand gegebenen Materials." (21) Der Rassenkundler war von seiner Arbeit in Auschwitz geradezu "entzückt". In einem begeisterten Brief  an seinen Vorgesetzten Ernst Schäfer schrieb er: "Es handelt sich um gute Typen, Übergangsglieder nach Inner- und Ostasien. Der eine Usbeke, ein großer gesunder Naturbursche hätte ein Tibeter sein können. Seine Sprechweise, seine Bewegungen und seine Art sich zu geben, waren einfach entzückend, mit einem Wort: innerasiatisch." (22)

 

Aber bevor er sich auf sein Spezialgebiet "Innerasien" konzentrieren durfte, musste er unter der Leitung von Dr. Hirt Messungen an vorwiegend jüdischen Häftlingen vornehmen. Fünf Tage benötigte er, um 115 noch lebende Insassen zu vermessen, davon 79 Juden, 2 Polen, 4 Innerasiaten und 30 Jüdinnen. Die meisten von ihnen wurden später ermordet und ihre Überreste der Skelettsammlung einverleibt. Am 30. Juli 1943 erhielt Beger vom SS-Kommando in Berlin ein Telegramm: "Transport ab Auschwitz 30. 7. - Setzen Sie sich mit Hirt wegen Arbeitsaufnahme in Verbindung...." Dieser Transport enthielt die von Beger vermessenen Häftlinge und fuhr in das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. 122 Menschen, 93 Männer und 29 Frauen wurden dann in der Gaskammer von Natzweiler ermordet. Den Job erledigte der Lagerkommandant Joseph Kramer. Er tötete die ersten Frauen "mit eigener Hand, und zwar mit einer speziell von August Hirt bestimmten Chemikalie." (23) Sie wurden teils konserviert, teils sofort präpariert. Den französischen Häftling Henry Henrypierre zwang man zur Mitarbeit. Ihm teilte man mit: "Wenn Du die Schnauze nicht halten kannst, kommst Du auch dazu", wie bei den Nürnberger Prozessen festgestellt wurde. (24) Die Leichen transportierte man nach Strassburg. Jedoch kam das Skelettieren nur schleppend voran. Einen Teil der halbfertigen Sammlung wurde dann 1944 ins Salzburger Bergland zum Schloss Mittersill ins Sven Hedin Institut zu Begers Forschungsstelle gebracht.

Bruno Begers Faszination an Leichen und Menschenschädeln in Tibet

Es lässt sich feststellen, dass Begers makabres Interesse an Leichenteilen und Menschenköpfen in Tibet vielfältig gestillt werden konnte, vielleicht dass es sich dort erst entwickelte. Am 27. 4. 1939 erzählte ihm ein Träger im Trumbayung Fluss nahe dem Kloster Tashi Lhunpo liege eine Menschenleiche, "deren Schädel wir unbedingt bekommen müssten". "Tibeterschädel" – so Beger – gebe es in den wissenschaftlichen Sammlungen nur wenige und "in Deutschland überhaupt keine". Man entdeckte jedoch, dass der Kopf der Leiche völlig zertrümmert war und Beger bedauert, "unserer Sammlung keinen Schädel einverleiben zu können." (25)

 

In einem Artikel über die "Leichenzerschneidung in Tibet" berichtet der Rassenforscher fasziniert über ein makabres Erlebnis: "Auf dem kahlen Felsen lagen, an Felsbrocken angebunden, 3 nackte Frauenleichen und ringsum am Berge hockten Hunderte von hungrigen und gierigen Geiern. Sie waren dafür ausersehen, die Seelen der Toten zum Himmel hinaufzutragen." (26) Vor dieser Szene hielt sich ein halbes Dutzend Männer auf mit einem Lamapriester als Anführer. "Als die Bergspitzen von den ersten Sonnenstrahlen vergoldet wurden" begannen die Leichenzerstückler "mit langen Messern" ihr "schauriges Werk". In wenigen Minuten lagen die Leichen "zerstückelt und zerstampft in den Felsentöpfen. Die Schädel waren in einem kleineren Steintrog mit einem schweren runden Stein völlig zertrümmert worden." Dann wurden die Knochen als erstes den Geiern freigeben, danach die Weich- und Fleischteile. "Das war eine schnellere Vernichtung des Irdischen als es durch eine Verbrennung hätte geschehen können." Zu den Geiern gesellten sich die Raben und einige Hunde wagten sich ebenfalls herbei. "Jene Morgenstunde der grausigen Geiermalzeit war eines der eindruckvollsten Erlebnisse, die uns der Besuch der geheimnisumwitterten Hauptstadt Tibets bot. – Sie lebt nicht nur in unserer Erinnerung weiter; unser Kamerad Krause hat sie mit der Filmkamera aufgenommen und diese Aufnahmen gehören jetzt zu den wirkungsvollsten Szenen unseres Filmes Geheimnis Tibet." – resümierte Beger sein Erlebnis, das einen unwillkürlich an Auschwitz erinnern lässt. (27) "Kamerad Krause" war also "emotional" vorbereitet, als er später die Humanexperimente des Dr. Sigmund Rascher im KZ Dachau filmte.

 

In einem anderen Artikel schreibt Beger, wie er auch an Verbrennungen von Leichen in der Himalaja-Region teilgenommen hat. (28) Wieder ist es eine Frau, deren Leib der Vernichtung übergeben wird: "Die Leiche des 16-jährigen Mädchens wurde auf den Holzstoss gelegt, dass der Kopf im Westen lag mit dem Blick nach Osten: Die Stellung war hockend. Bei der Aufrichtung des Holzstosses durch einige Lamas saßen unweit drei Lamas, die eine klagende Musik mit den üblichen Lamainstrumenten machten." – schreibt Beger. (29) Die Lamas waren an den beiden Oberschenkelknochen dieses Mädchens interessiert,  da daraus ein Blasinstrument mit dem Namen "Mikang Lingbu" verfertigt wird. Am wirksamsten ist dieser Ritualgegenstand, wenn er von einer 16-jährigen stammt. Beger ist angesichts solcher Szenen "beglückt" und so kann Volkmar Vareschi, ebenfalls Mitarbeiter des Sven Hedin Instituts, über ihn schreiben: "Der weiße Sahib [Doktor] aber kann die Seele dieses Landes, in dem die Götter, Berge und Menschen so eng verbunden sind wie sonst nirgends auf der Erde, nie wirklich ergründen. Er empfindet nur eine fast dämonische [!] Beglückung, wenn er diese Seele ahnen darf." (30)

 

Im November 1944 ließ sich Beger mit dem "Rassenseelenforscher" Prof. Dr. Ferdinand Clauss für sein im Vorjahr vorgeschlagenes Projekt "Rassen im Kampf" an die jugoslawische Front schicken, um ausländische Einheiten der Waffen-SS, insbesondere die "bosnische Muslimen-Division" zu filmen. Ziel des  Unternehmens war das "Herausarbeiten der Unterschiede in der Verhaltensweise der einzelnen Rassen im Kampf und der praktischen Folgerungen und  Anwendungsmöglichkeiten daraus zur Erhöhung der Wehrkraft unseres Volkes und zur wirksamen Bekämpfung eines fremdrassigen Gegners." (31)

 

Nach dem Krieg wurde der Rassenspezialist von den Alliierten drei Jahre interniert. In den 50er Jahren hielt er "Hunderte Lichtbildervorträge" über die SS-Tibetexpedition. (32) Erst im Jahre 1971 stellte man ihn vor das Schwurgericht Frankfurt, das ihn wegen Beihilfe zum  gemeinschaftlichen Mord in 86 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von  drei Jahren verurteilte. Auf die Frage, ob ihm aus heutiger Sicht manches Leid täte, sagte er zu dem österreichischen Journalisten Gerald Lehner, er habe nichts zu bereuen: "Ich war immer nur ein fanatischer Wissenschaftler." (33) Der kanadische Historiker des SS-Ahnenerbes Michael H. Kater bestätigt das mit einer kleinen Variante, wenn er Beger einen "durch die rassistische Ideologie des Nationalsozialismus verhext[en] Fanatiker" nennt. (34)

 

Der XIV. Dalai Lama und sein Bruder Thubten Jigme Norbu waren es, die Beger mehrmals dazu aufforderten, seine Reiseerlebnisse niederzuschreiben. 1998 erschien dieser Bericht unter dem Titel Mit der deutschen Tibetexpedition Ernst Schäfer 1938/39 nach Lhasa. (35) Das ganze ist eine Camouflage! Weder wird die SS, noch werden die rassenpolitischen Absichten der Expedition, noch wird deren Schirmherr Heinrich Himmler mit einem einzigen Satz erwähnt. Im Gegensatz zu Schäfers Erinnerungen ist Begers Bericht auch noch recht farblos und zudem ständig mit naiv-peinlichen Gedichten, wie dem Folgenden garniert: "Dunkel sind des Schicksals Wege, ungewiss der Zukunft Stern. Eh' ich mich zu Bette lege, trink ich einen Cognac gern." (36)

 

Klar wird jedoch aus diesem Text, dass der Autor in Tibet vor allem drei Obsessionen erlag: Einmal die Abformung von Köpfen zum Zweck der Rassenforschung, dann der Vernichtung von Leichen und zuletzt tibetischen "Mädels". Kaum ein Ort, wo die Expeditionsteilnehmer Halt machten, an dem der Deutsche nicht eine einheimische "Maid" aufspürte, um mit ihr zu schäkern. Was ihn als Fotografen ganz besonders interessierte, waren so genannte "Brustbilder", auf denen Tibeterinnen mit entblößten Oberkörpern abgebildet wurden. Seine Träger beschafften ihm die "Mädels" für seine Fotos. "Es hieße aber dem Leser etwas vormachen, wenn ich nicht zugeben wollte, dass mir diese 'wissenschaftlichen' Aufnahmen nach mehr als einjähriger Weiblosigkeit ganz besonderen Spaß machten und für mich nicht ohne besonderen Reiz waren." – bekannte Beger später in einem Artikel mit dem Titel "Brustbilder nicht nur der Wissenschaft halber". (37) Eines der Fotoopfer "war noch ein halbes Kind – eine junge Knospe", bei einer 24-jährigen dagegen hingen die Brüste "kraft- und saftlos herab" – "Welk wie eine geknickte Blume!" (38) Als sich die Deutschen von Lhasa verabschiedeten, sangen sie eingedenk ihrer kleinen Freundinnen: "Muss i denn, muss i denn zum Städele hinaus und du mein Schatz bleibst hier!" (39)

 

Bruno Beger, der als Letzter aus der "SS-Expedition Schäfer" überlebte, wurde später zu einem begeisterten Verehrer den XIV Dalai Lama und stieß bei diesem und seiner Familie auf große Gegenliebe. (40)


(1) Institut für Zeitgeschichte - München: Akte Beger ED - 358

(2) Ebenda

(3) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 66 – 165978

(4) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 66 – 165976

(5) In: Reinhard Greve - "Tibetforschung im SS-Ahnenerbe" in Thomas Hauschild - Lebenslust und Fremdenfurcht - Ethnologie im Dritten Reich - Frankfurt 1995, 173 

(6) "Das Hauptziel meiner dritten Tibet-Expedition war es," - lesen wir bei Schäfer - "ein im weitesten Sinne biologisches Bild dieses rätselhaften Landes in einer Gesamtschau zusammenzubringen. [.... ] Diese Zusammenarbeit der biologischen Richtungen mit denen ihnen verwandten geisteswissenschaftlichen Gebieten führten zu einem vollen Erfolg " (Ernst Schäfer, Ernst - Geheimnis Tibet - Erster Bericht der Deutschen Tibet-Expedition Ernst Schäfer 1938/39 - Schirmherr Reichsführer SS - München 1943, 9

(7) Hans Friedrich Karl Günther - Die nordische Rasse bei den Indogermanen Asiens – Pähl 1982, 212 ff. Es handelt sich dabei um Stücke, die er aus dem Museum für Völkerkunde in Berlin kannte. Die Sujets waren unter anderem von dem Orientalisten und Forscher Albert Grünwedel mitgebracht worden.

(8) Die Saken zu denen nach Günther auch die Skythen zählen befanden sich in Südrussland, Turkestan und drangen bis nach Innerasien vor.

(9) Hans Friedrich Karl Günther - Die nordische Rasse bei den Indogermanen Asiens – Pähl 1982, 219

(10) In: Michael H. Kater - Das Ahnenerbe der SS 1935-1945 - Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches - München 1997, 51

(11) Schon 1935 hatte die deutsche Hindukusch-Expedition Schädelmessungen an einheimischen "Kafiren" durchgeführt und war - ihrer Meinung nach - auf eine nordische Gruppierung gestoßen: "Würde man einen Kafiren dieser Gruppe in andere Kleidung stecken und nach  Deutschland bringen," - schreibt der Expeditionsarzt Albert Herrlich - "er fiele nicht im geringsten auf. Ja man würde ihn vielleicht als typischen Tiroler oder Oberbayern ansehen. [....] In den Hochtälern des Hindukusch konnten sich diese Rassenelemente viel länger behaupten, als im Völkergemisch der Ebenen Indiens. So vermittelt uns die 'Europäergruppe" der Kafiren ein Bild der ungefähren Körperbeschaffenheit dieser alten arischen Eroberervölker."  (Albert Herrlich - Land des Lichts - Deutsche Kundfahrt zu unbekannten Völkern im Hindukusch - München 1938, 169/171)   

(12) In: Reinhard Greve - "Tibetforschung im SS-Ahnenerbe" in Thomas Hauschild - Lebenslust und Fremdenfurcht - Ethnologie im Dritten Reich - Frankfurt 1995, 187

(13) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 65 – 165540

(14) Ebenda: 187

(15) Ebenda: 188

(16) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 66 – "Rassenkundliche Verhältnisse in Tibet als Forschungsziel"

(17) In: Michael H. Kater - Das Ahnenerbe der SS 1935-1945 - Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches - München 1997, 245

(18) Ebenda

(19) Ebenda: 253

(20) In: Josef Ackermann - Heinrich Himmler als Ideologe - Göttingen u. a. 1970, 214

(21) Institut für Zeitgeschichte - München: Ernst Schäfer MA - 292 - 54 8612. An der Ostfront diente eine Anzahl innerasiatischer SS-Männer, die aus Usbeken, Kasachen und anderen Kriegsgefangenen bestand.

(22) In: Michael H. Kater - Das Ahnenerbe der SS 1935-1945 - Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches - München 1997, 251

(23) Ebenda: 249

(24) Ebenda: 250

(25) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 58 - 151974

(26) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 65 - 165613

(27) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 65 - 165614/165615

(28) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 58 – 151670 - "Leichenverbrennung im Himalaya"

(29) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 57 - 151504

(30) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 71- 164969

(31) Institut für Zeitgeschichte - München: Ernst Schäfer MA - 292 - 54 8612

(32) Bruno Beger - Mit der deutschen Tibetexpedition Ernst Schäfer 1938/39 nach Lhasa - Wiesbaden 1998, 5

(33) Gerald Lehner – "Der XIV Dalai Lama und Dr. Bruno Beger" - www.trimondi.de/deba06.html

(34) In: Michael H. Kater - Das Ahnenerbe der SS 1935-1945 - Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches - München 1997, 254

(35) Über die Begegnungsdaten des ehemaligen naturwissenschaftlichen Referenten des SS-Ahnenerbes Ernst Schäfer mit dem XIV. Dalai Lama sind wir nicht so gut unterrichtet.

(36) Bruno Beger - Mit der deutschen Tibetexpedition Ernst Schäfer 1938/39 nach Lhasa - Wiesbaden 1998, 110

(37) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 58 - 151975

(38) Bundesarchiv Berlin: R 135 / 58 - 151986

(39) Bruno Beger - Mit der deutschen Tibetexpedition Ernst Schäfer 1938/39 nach Lhasa - Wiesbaden 1998, 110

(40) Wenn Beger jedoch in einem offiziellen Dokument, das er der exitibetischen zur Verfügung stellte, sagt: "Ich hatte neben vielen Kontakten in Lhasa eine besondere Freundschaft mit der Familie Seiner Heiligkeit der XIV. Dalai Lama" – so kann das nicht stimmen, denn die Familie des neu gefundenen Dalai Lama war noch nicht in Lhasa eingetroffen, als die SS-Tibetexpedition dort verweilte. (http://www.tibet.com/Status/bruno.html)


Kapitel 5

Die archaische Kultur des Lamaismus fasziniert die Mitglieder der SS-Tibetexpedition

 

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