INTERVIEWS (02)
ORF - "Treffpunkt Kultur"
- Katja Sindemann - Februar 1999
1. - ORF: Warum
haben Sie das Buch geschrieben? Was ist Ihr Anliegen, Ihr Ziel?
TRIMONDI: Als wir vor fünf
Jahren mit den Recherchen zu unserem kulturhistorischen Buch begannen,
hatten wir ein durchaus positives Verhältnis zum tibetischen Buddhismus.
Wie sehr viele Menschen glaubten wir, dass der Dalai Lama einen Grossteil
der sozialen Werte, die auch uns am Herzen lagen, mit Mut und Überzeugung
zum Ausdruck bringt: Friedfertigkeit, Mitgefühl mit allen leidenden Wesen,
Überwindung der Klassenschranken, ökologisches Bewusstsein, Transzendieren
des Feindbilddenkens, Gemeinschaftssinn, soziales Engagement,
interreligiöser Dialog, Begegnung der Kulturen und vieles mehr.
Insbesondere aber waren wir vom
Tantrismus, dem eigentlichen Kern des tibetischen Buddhismus, angezogen.
Hier schien es endlich eine Religion zu geben, welche es mit der
Gleichberechtigung der Geschlechter ernst nahm, und den Eros nicht aus dem
sakralen Raum verbannte, sondern ihn geradezu in sein Zentrum stellte.
Aber nicht nur
ideengeschichtlich waren wir mit dem XIV Dalai Lama verbunden. Als Verleger
habe ich Bücher von ihm publiziert, habe mehrere Symposien und
Großveranstaltungen für ihn organisiert. 1982 holte ich ihn mit einer
kleinen Propellermaschine von Paris auf die Frankfurter Buchmesse. Das
Flugzeug geriet in einen Sturm und schwankte abenteuerlich. Solche Momente
im Leben schaffen Bindungen und es entwickelte sich eine, wenn auch lockere
Freundschaft.
Uns gefiel ganz besonders die
religiöse Toleranz Seiner Heiligkeit. Niemals fordert der XIV Dalai Lama
Menschen dazu auf, ihre angestammte Religion zu verlassen und sich dem
Buddhismus anzuschließen. Im Gegenteil er warnt eindringlich vor einem
Religionswechsel und betont immer wieder, es sei geradezu die Pflicht eines
jeden, denjenigen Glauben, den er annehmen wolle, auf Herz und Nieren zu
prüfen, ihm mit aller Skepsis und mit einem völlig kritischen Geist zu
gegenüberzutreten und dann erst seine Entscheidung zu fällen.
Das genau haben wir gemacht! In
der Absicht, im tibetischen Buddhismus eine spirituelle Lehre zu entdecken,
die Antwort weiß auf die Lösung unsere Weltprobleme, haben wir die
Grundlagen des Buddhismus, die tantrischen Texte, die Geschichte des Tantrismus
und die Biographien der frühen Tantriker studiert, aber vor allem haben wir
uns mit der Historie Tibets, der Dalai Lamas und der Politik der
Exiltibeter auseinandergesetzt.
Das Ergebnis war verheerend und
führte zu einer völligen Revision unserer bisherigen Sicht. Statt einer
friedvollen und toleranten haben wir eine kriegerische und aggressive
Kultur vorgefunden; statt Frauenfreundlichkeit haben wir ein Systems kennen
gelernt, dass die Unterdrückung und Ausbeutung der Frau durch sein
Raffinement auf die Spitze treibt. Unterdrückung Andersdenkender,
Despotismus, Intoleranz, grenzenlose Machtobsessionen, Dämonisierung und
Angst als politische Mittel, Verachtung alles Menschlichen - all das, was
wir gerade nicht vermutet hatten, mussten wir in den Texten, den Ritualen
und der Geschichte dieser Religion entdecken.
Zunehmend wurde uns dabei
bewusst, dass der Dalai Lama ein genialer Manipulator sein muss, der seine
Anhänger und den gesamten Westen über die wahren Absichten seines
atavistischen religiösen Systems täuscht. Für uns war das zeitweise mit
einer persönlichen Krise verbunden - denn es hieß Abschied nehmen von einem
hoch geschätzten Menschen, einem spirituellen Vorbild und einem
persönlichen Freund.
2. - ORF: Was
kritisieren Sie am tibetischen Buddhismus in bezug auf den Umgang mit
Frauen - einerseits auf der rituellen, anderseits auf der konkret
persönlichen und sozialen Ebene? Wie begründen Sie ihre These, dass die
Frau im Ritual durch den männlichen Tantrameister energetisch ausgebeutet
wird?
TRIMONDI: Im Gegensatz zu einer
weitverbreiteten Meinung ist der tibetische Buddhismus keine zölibatäre und
auf sexueller Enthaltsamkeit beruhende Religion. Er basiert im Gegenteil
auf dem Tantrismus - einer alten, aus Indien importierten sexualmagischen
Tradition, deren Praktiken schon immer als geheim galten.
Die geheimen tantrischen
Rituale haben als zentrales Anliegen, sexuelle und weibliche Energie in
spirituelle und politische Macht zugunsten einer patriarchalen Mönchselite
zu transformieren. Im Kern geht es um das sexualmagische Absaugen und den
Raub der weiblichen Energie sowie ihre anschließende Konzentration in der
Person des Tantra Meisters, also des jeweils praktizierenden Lamas. Dieser
wird, indem er die weiblichen Kräfte in sich aufnimmt, auf der
metaphysischen Ebene zu einem androgynen, das heißt zu einem
doppelgeschlechtlichen Wesen, welches die Machtpotentiale beider
Geschlechter in sich vereinigt und deswegen übermächtig ist.
Das perfide an diesen Ritualen
ist, dass in der ersten Phase die Frau durch den Tantra Meister als Göttin
und Schöpferin erhöht und verehrt wird. Am Ende der magischen Praktiken
aber schert sie aus dem Geschehen aus und hat keinerlei spirituelle
Bedeutung mehr, geschweige denn irgendeinen Machtzuwachs. Sie findet keine
gleichwertige Anerkennung als spirituelle, seelische und reale Partnerin.
Sie ist nur ein Mittel für die Machtzwecke des Tantra Meisters, eine
"spirituelle Batterie" auf seinem Weg zu seiner Erleuchtung und
zu seiner Allmacht.
Dieser Raub weiblicher Energie
geschieht im Tantrismus metaphysisch, emotional, körperlich, mythisch.
gesellschaftlich und kirchlich.
Metaphysisch vollzieht er sich der
Energieraub durch die sogenannte "Inkorporation der Göttin": Der
Tantra Meister betet während des sexualmagischen Rituals seine Partnerin
als Göttin an. Am Ende der Zeremonie aber verinnerlicht er die Energien
seiner göttlichen "Geliebten", entwickelt so eine "innere
Geliebte" und wird dadurch - in seiner Imagination - zu einem
zweigeschlechtlichen Wesen, "Gott und Göttin in einem". Seine
tantrische Partnerin schickt er anschließend als ganz "normale"
Frau nach Hause.
In einigen Tantras ist selbst
der rituelle Sexualkontakt mit achtjährigen Mädchen erlaubt. Die
tantrischen Partnerinnen sind nur in den seltensten Fällen buddhistische
Nonnen. Prostituierte und Mädchen aus den Unterschichten werden bevorzugt.
Seit der Verbreitung des tibetischen Buddhismus im Westen haben zunehmend
westliche Frauen die Rolle als tantrische Sexualpartnerinnen der Lamas
übernommen.
Emotional lebt der Tantra Meister wie
die Priester der meisten Religionen von der weiblichen Hingabekraft. Frauen
dienen ihm als einem höheren, göttlichen Wesen. Sie sind die Dienerinnen
ihres Herrn und haben ihren eigenen, individuellen Willen aufgegeben.
Gerade in diesem Verzicht auf Eigenmacht drückt sich ihre spirituelle Liebe
aus. Im Gegensatz hierzu verbieten die Tantras dem praktizierenden Lama
jegliche Emotion und seelische Bindung zu seiner Partnerin. Er muss
gefühllos und mit kalter Berechnung das tantrische Ritual durchführen.
Die körperliche
Absorption weiblicher Kraft zeigt besonders deutlich, wie konkret sich der
Tantra Meister die Übertragung der Frauenenergie vorstellt. In der
tantrischen Performance gilt nämlich das sogenannte Absaugen des weiblichen
Samens als ein Höhepunkt. Unter "weiblichem Samen" wird entweder
das Menstruationsblut oder - je nach Kommentar - eine andere vaginale
Absonderung der Frau verstanden, die in sich hochkonzentrierte magische
Frauenkräfte enthalten soll. Durch die sogenannte Vajroli Methode zum
Beispiel saugt der Tantra Meister diesen begehrten Stoff mit seinem Penis
aus dem weiblichen Geschlechtsteil und baut damit nach der sexuellen
Vereinigung - in seiner Imagination - einen doppelgeschlechtlichen,
sogenannten Diamantenkörper auf. Selbst der XIV Dalai Lama, der sich stets
nach außen hin als einfacher Mönch präsentiert, der von Sexualität nicht
viel versteht, weiß sehr genau über die Vajroli Methode Bescheid.
Umgekehrt verbieten die Tantras
strengsten, die Ejakulation des männlichen Samens während des Sexualakts.
Das würde für den Tantrameister einen verheerenden Verlust von Macht
bedeuten.
Auf der mythischen Ebene
drückt sich die Ausbeutung weiblicher Energie in einem Gründungsmythos aus,
der die Buddhisierung Tibets schildert. Die Legende erzählt, dass der erste
buddhistische König des Landes, Sonnigsten Gampo, eine Riesin mit dem Namen
Srinmo besiegt habe. Srinmo gilt als die weibliche Inkarnation des vorbuddhistischen
Tibet, die sich mit allen Mitteln gegen die neue Lehre aus Indien zur Wehr
gesetzt hatte. Der Gampo König warf Srinmo, die "Mutter Tibets",
nieder und nagelte sie mit zwölf Nägeln an den Boden. Auf jedem Nagel
errichtete er ein buddhistisches Kloster und auf dem Herzen der Srinmo
wurde der Yokhang gebaut, der Haupttempel des tibetischen Buddhismus. Unter
dem Yokhang befindet sich - der Sage nach - ein grosser See, der aus dem
Herzblut der Riesin besteht. Die ersten klerikalen Machtzentren des Schneelandes
wurden also auf dem stigmatisierten Körper eines geschundenen Weibes
errichtet, um die absolute männliche Oberherrschaft über Tibet zu
demonstrieren. Das Land Tibet ist mythisch gesehen eine Frau, das von den
Lamas besiegt, bestraft und versklavt wurde.
Auf der gesellschaftlichen
Ebene ist der Frau der Zugang zu den sakralen Stätten stark eingeschränkt.
Es gibt Klöster und Berge, die niemals oder nur zu ganz bestimmten Zeiten
von Frauen betreten werden dürfen. Für den Lamaismus gilt alles Weibliche
außerhalb der Tantras als unrein und schadbringend. Das tibetische Wort für
Frau bedeutet wörtlich übersetzt "niedrig Geborene". Mann dagegen
heißt "Wesen von höherer Geburt". Damit ist alles Grundsätzliche
über die soziale Lage der Frau in der traditionellen tibetischen Kultur
gesagt.
Auch auf der kirchlichen
Ebene, d. h. innerhalb der buddhistischen Gemeinschaft, der Sangha, haben
die Frauen ebenfalls eine untergeordnete Position. Der Doktrin nach geht
die buddhistische Lehre davon aus, dass Frauen keine Erleuchtung erlangen
können, sondern erst als Mann wiedergeboren werden müssen. Nonnen müssen
sich, selbst wenn sie das Amt einer Äbtissin ausüben, vor jedem noch so
geringen buddhistischen Mönch als erste verbeugen.
Der Tantrismus hat den
allgemeinen Grundsatz des Mahayana Buddhismus übernommen, dass eine Frau in
ihrem Leben keine Erleuchtung erlangen kann. Sie muss erst als Mann
wiedergeboren werden.
Diese durchgängige und mit
Methode durchgeführte Unterdrückung und Ausbeutung des Weiblichen und der
Frau in der tibetisch-buddhistischen Kultur hat uns dazu veranlasst, von
einem "tantrischen Frauenopfer" zu sprechen. Mehrere gewichtige
Hinweise deuten darauf hin, dass in der Frühphase der Tantras solche Opfer
auch real an Frauen vollzogen wurden. Es geht im tantrischen Buddhismus
also nicht darum, dass die Geschlechter gleichwertig miteinander
kooperieren, sondern dass das männliche Prinzip das weibliche beherrscht,
zu seinen Gunsten benutzt und letztendlich aus omnipotenten Machtinteressen
vernichtet.
Diese tantrische Obsession ist
dem ursprünglichen Buddhismus völlig fremd. Der historische Buddha erhob
neben Armut und Friedfertigkeit, die Keuschheit und Ehelosigkeit seiner
Mönche zur höchsten Maxime. Er floh alles Weibliche und deswegen ist sein
System ist nicht von der Ausbeutung sondern von der Angst vor der Frau
gekennzeichnet. Auf die Frage, ob einem Mönch der Geschlechtsverkehr
erlaubt sei, antwortete Shakyamuni: "Besser wäre es, Einfältiger, wenn
Dein Geschlecht in den Mund einer giftigen und schrecklichen Schlange
eindränge, als dass es in eine Frau eindringt. Besser wäre es, Einfältiger,
wenn Dein Geschlecht in einen Backofen eindränge, als dass es in eine Frau
eindringt." Der buddhistische Tantriker beendet jedoch nicht diese
ursprüngliche Misogynie, sondern verstärkt sie noch, indem er die weibliche
Energie für seine Machtinteressen ausbeutet und vernichtet.
3. ORF: Sie werfen
dem Dalai Lama vor, die Weltenherrschaft anzustreben und eine Buddhokratie
errichten zu wollen. Wie begründen Sie ihre These?
TRIMONDI: Wir werfen dem Dalai
Lama das nicht vor, sondern die Idee von der Weltherrschaft und die
Errichtung einer weltweiten Buddhokratie sind traditioneller Bestandteil
der tibetisch- buddhistischen Doktrin. Sie sind die treibende Kraft hinter
dem höchsten tibetischen Staatsritual, dem Kalachakra Tantra.
Dabei handelt sich dabei um
eine komplizierte rituelle Performance mit 15 verschiedenen Einweihungen,
durch welche zentral die machtvolle Stellung eines Weltenherrschers, eines
sogenannten "Chakravartin", erlangt werden soll.
"Kalachakra" bedeutet übersetzt das "Rad der Zeit". Wer
die Zeit beherrscht, der regiert über den Lauf der Geschichte und der
Sterne - das genau ist die tiefere Absicht dieses Rituals.
Was ist unter einer globalen
Buddhokratie nach tibetisch-traditioneller Sicht zu verstehen?
1. dass der
Buddhismus als einzige Staatsreligion für unseren Planeten Geltung hat und
keine anderen Glaubensrichtungen neben sich duldet, beziehungsweise
gänzlich von den Machtstrukturen ausschließt.
2. dass auf weltweiter
Ebene die politische und die spirituelle Herrschaft nicht voneinander
getrennt sind, also dass die Weltkirche und der Weltstaat eine Einheit
bilden.
3. dass die
politische Macht vom Mönchsklerus ausgeübt wird.
4. dass das globale
Staatsoberhaupt, der Weltenherrscher, nicht ein einfacher Mensch ist,
sondern ein inkarniertes Buddhawesen, das heisst eine lebende Gottheit auf
Erden.
Im Grunde handelt es sich bei
diesem Konzept um die Übertragung der traditionellen tibetischen Staatsform
auf den gesamten Planeten. Auch in Tibet war das Staatsoberhaupt ein
inkarniertes Buddhawesen, der Dalai Lama.
Der tibetische
"Gottkönig" gilt als der höchste Kalachakra Meister. Er hat den
öffentlichen Teil des Rituals seit 1954 insgesamt 25mal, davon mehrmals im
Westen und mittlerweile vor Hunderttausenden von Menschen, durchgeführt.
Bei seinen Anhängern herrscht kein Zweifel darüber, dass es sich hierbei um
eine Zeremonie handelt, welche die Buddhisierung der Welt vorbereitet. Zum
Beispiel gab der berühmte Tibetologe Robert Thurman, Vater der bekannten
Schauspielerin Uma Thurman, 1997 auf einer internationalen Tibetkonferenz
in Bonn den baldigen Untergang des dekadenten und materialistischen Westens
und seinen Ersatz durch eine weltweite buddhokratische Herrschaft nach tibetischem
Muster bekannt. Der bekannte Hollywoodschauspieler Richard Gere spricht von
einer Kettenreaktion, die in den nächsten Jahren zu einer explosionsartigen
Ausbreitung des tibetischen Buddhismus im Westen führen soll.
4.
- ORF: Welche Verbindung sehen Sie zwischen Faschismus und Tantrismus?
TRIMONDI: Der tibetische
Tantrismus hat eine außerordentlich große, bisher kaum beachtete
Anziehungskraft auf faschistische Visionäre ausgeübt. Die Idee vom
Weltenkönigtum, die Vereinigung der weltlichen und geistigen Macht in einer
einzigen Person, die Kriegsideologie des Shambhala Mythos, die
kompromisslose männerorientierte Ausrichtung, die tantrische Opferung des
Weiblichen, das gesamte okkulte Ambiente wurden von einigen faschistischen
Intellektuellen konkret übernommen und zu einem aggressiven Mythos
zusammengeschweißt.
An erster Stelle ist hier
Julius Evola zu nennen. Der italienische Okkultist war jahrelang der
spirituelle Berater und Chefideologe Benito Mussolinis und ein gefeierter
Gastreferent vor Einheiten der deutschen SS. In zahlreichen seiner Werke
beschreibt er präzise die sexualmagische Transformation weiblicher Energie
in politische Macht - so wie wir das aus dem tibetischen Tantrismus kennen.
Er selber hat solche Riten praktiziert.
In Diktatoren wie Adolf Hitler
und Benito Mussolini sah er die Vorläufer zukünftiger Maha Siddhas
(das sind machtvolle buddhistische Tantra Meister), die dereinst die Welt
mit ihren magischen Kräften beherrschen werden.
Eine noch schillerndere
Persönlichkeit ist der Vorsitzende der chilenischen Nationalsozialisten
Miguel Serrano. Serrano war Botschafter Chiles in Indien, dann in
Österreich, Bulgarien und im ehemaligen Jugoslawien und bei der UNO.
1978 erschien von ihm ein Buch,
indem er behauptet, dass Hitler noch lebe, in das unterirdische Königreich
Shambhala geflohen sei und von dort aus einen neuen Weltkrieg vorbereite.
Er werde als kriegerischer "Avatar", als die Verkörperung eines
Gottes, wiederkehren. Für Serrano bestand der esoterische Kern der SS aus
einem okkulten Orden buddhistisch orientierter Krieger, die sexualmagische
Praktiken durchführten. Die tantrische Opferung der Frau zieht sich wie ein
Leitfaden durch all seine Schriften. Serrano baute aus zentralen Stellen
des tibetischen Tantrismus und dem Shambhala Mythos eine eigene
rassistisch-nazistische Vision auf, die er als "esoterischen
Hitlerismus" bezeichnet.
Mit Recht gilt der Chilene als
die okkulte Eminenz des modernen, internationalen Faschismus. Seine
phantasmagorischen Behauptungen, die durchaus ernst genommen werden, haben
mittlerweile in der deutschsprachigen Naziszene eine fanatische
Anhängerschaft gefunden. Der XIV Dalai Lama ist Serrano mehrmals begegnet.
Dieser war der erste ausländische Diplomat, der dem "Gottkönig"
1959 auf seiner Flucht beim Überschreiten der indischen Grenze empfing
Auch mit ehemaligen SS'lern
unterhält und unterhielt Seine Heiligkeit freundschaftliche Kontakte. Allen
voran der österreichische Bergsteiger Heinrich Harrer, der 1938 der SS
beitrat, und der in den 40er Jahren zum Lehrer des jungen Gottkönigs
avancierte. Auch Heinz Schäfer, wissenschaftlicher Leiter des berüchtigten
NS Ahnenerbes, und Bruno Beger, der in Auschwitz Menschenexperimente
durchführte, zählten und zählen zum Bekanntenkreis des Dalai Lama. Sie
waren beide Mitglieder einer von Heinrich Himmler vor dem 2. Weltkrieg
veranlassten Tibetexpedition.
Anrüchig wurde auch der Kontakt
des Dalai Lama zu einem weiteren großen Verehrer Adolf Hitlers. Der
Kirchenfürst geriet in die öffentliche Kritik, als seine Beziehungen zu dem
japanischen Weltuntergangsguru Asahara, den er insgesamt fünfmal traf,
bekannt wurden. Asahara hatte 1995 einen Giftgasanschlag auf die U-Bahn in
Tokio verübt, bei dem mehrere Tote gab und über 5000 Menschen verletzt
wurden.
Die guten Beziehungen des tibetischen
Gottkönigs zu Asahara wurden sehr bald in der offiziellen Presse als eine
bedauerliche Fehleinschätzung abgetan. Es gab keinerlei fundierte Analysen
von Asaharas religiösem System und von seinen spirituellen Motiven. Hätte
man diese geleistet, so wäre man bald zu dem Schluss gekommen, dass sich
Asahara ganz wesentlich an Modellen aus dem tibetischen Buddhismus
orientiert hatte. Es ist nicht schwer nachzuweisen, dass er seine
Ideologie, seine Rituale, seine Zielsetzungen und zu den Argumenten für
seine mörderischen Handlungen aus Elementen der Tantras und des Shambhala
Mythos zusammengesetzt waren. Asahara sah sich so zu dem tibetischen
Kulturkreis hingezogen, dass er davon überzeugt war, sein neugeborener Sohn
sei der neue Panchen Lama.
Die häufige und enge
Verflechtung des tibetischen Buddhismus mit dem Faschismus sollte den
Westen aufhorchen lassen. Die demokratische Fraktionen der westlichen
Politlebens werden jedoch vom Dalai Lama ausschließlich mit Maximen des
Mahayana Buddhismus bedient, der Faschismus aber hält sich an den
eigentlich tibetischen Weg, den der Tantras und dem des Shambhala Mythos.
5. ORF: Sie weisen die Bemühungen des Dalai Lama um
demokratische Strukturen in der tibetischen Gemeinschaft als oberflächlich
und unzureichend zurück. Warum?
TRIMONDI: Der lamaistische
Staat ist vom Prinzip her - wie wir schon ausgeführt haben - eine
Buddhokratie, ein Gottesstaat, demokratische Strukturen sind für ihn
wesensfremd. Dennoch beruft sich der XIV Dalai Lama immer wieder und mit
großem Erfolg auf die Prinzipien westlicher Demokratien. Was ist davon zu
halten?
Seit 1961 besteht offiziell ein
Parlament bei den Exiltibetern. Jeder, der die Geschichte dieser
Volksvertretung untersucht, wird sehen, dass es sich hierbei um eine westliche
Schminke handelt, hinter der die alten buddhokratischen Grundsätze
weiterwirken. Zum Beispiel ist der Dalai Lama der Staatschef auf
Lebenszeit; es hat in der bald vierzigjährigen Geschichte dieser
Volksvertretung niemals eine Mehrheitsentscheidung gegen den
"Gottkönig" gegeben. Auf die Frage eines westlichen Journalisten
an den Vizepräsidenten Thubten Lungring, ob dies überhaupt möglich sei,
antwortete dieser: "Nein - nicht möglich!" Erst Mitte der 90
Jahre wurde die erste exiltibetische Partei (The national democratic
Party of Tibet) gegründet.
Der Dalai Lama lässt auch durch
eine andere höchst undemokratische Institution seine Politik bestimmen -
wir meinen das Staats- oder Nechungorakel. Dabei handelt es sich um einen
ehemaligen mongolischen Kriegsgott der in ein menschliches Medium einfährt
und bei allen wichtigen politischen Entscheidungen befragt wird. Der Dalai
Lama betont in seinen beiden Autobiographien seitenlang, wie wichtig für
ihn die Ratschläge seines Orakels waren und wie er sich grundsätzlich in
seiner Politik danach gerichtet hat. Auch das Parlament befragt, wenn es
nicht mehr weiter weiß, den Orakelgott.
Ausgehend von der Konkurrenz
zwischen zwei Orakelgöttern, dem Staatsorakel auf der einen Seite und
seinem Widersacher dem Shugden Orakel auf der anderen, geht die
exiltibetische Community zurzeit durch eine innere, politische
Zerreißprobe. Alle Spielarten eines despotischen Regimes sind in diesem
Konflikt ans Tageslicht getreten: Verfolgung Andersgläubiger, religiöse
Intoleranz, Berufsverbote, blutige Krawalle, Morddrohungen, Fälschungen von
Dokumenten, bis hin zum politischen Mord. Das Bild vom friedliebenden Tibet
und seinen sanftmütigen Einwohnern, das hier im Westen so weit verbreitet
war, hat sich in sein Gegenteil verkehrt.
6. ORF: Der Dalai
Lama ist Friedensnobelpreisträger, wie verträgt sich das mit Ihrer These,
dass der tibetische Buddhismus Aggressivität und Krieg befürwortet.
TRIMONDI: Im Westen hat der
Dalai Lama seine Berühmtheit und sein Charisma nicht zuletzt deswegen
erlangt, weil er mit einem konsequenten Friedensprogramm an die
Öffentlichkeit getreten ist. Zahlreiche Menschen im Westen auch viele
Nichtbuddhisten sehen in ihm einen ethisch hochstehenden
"Friedensapostel" und in seiner Kultur eine Friedensbotschaft an
die ganze Welt.
Dieses pazifistische Bild ist
jedoch eine bewusst inszenierte Fälschung: Weder ist der tibetische
Buddhismus vom Prinzip her friedlich, noch war die Geschichte der Tibeter
friedlich, noch waren die Dalai Lamas Friedensfürsten, noch ist die Politik
der Exiltibeter pazifistisch.
Die Tantras und die tibetische
Mythologie sind vielmehr äußerst aggressiv und die physische Vernichtung
von Gegnern der buddhistischen Lehre zählt zu den ständig wiederholten
Forderungen in den höchsten Ritualtexten. Jeder Buddha oder Bodhisattva hat
der Doktrin nach seine zornvolle und zerstörerische Seite.
Es gibt zahlreiche
Schutzgottheiten, die mit grausamsten Mitteln gegen ihre Feinde vorgehen.
Der Kriegsgott Begtse zum
Beispiel findet bis heute eine hohe kultische Verehrung unter den Lamas. Er
wird ikonographisch dargestellt wie er das herausgerissene Herz eines
Feindes verzehrt. In den Kriegswirren der Mongolei, Ende der 20 Jahre,
wurden von mongolischen Lamas diese mörderischen Herzrituale real
durchgeführt.
Die Hauptschutzgottheit des
Dalai Lama ist Palden Lhamo eine schreckliche Kriegsgöttin die auf einem
Maulesel durch einen kochenden Blutsee reitet und alles um sich herum in
Schutt und Asche legt. Palden Lhamo benutzt als Sattel die Haut ihres
eigenen Sohnes, den sie eigenhändig opferte, als sich dieser weigerte die
buddhistische Lehre anzunehmen. Dalai Lama gilt auch als die Inkarnation
des brutalen Kriegsheroen Gesar von Ling.
Es zählte zur Bekehrungsarbeit
des Frühbuddhismus in Tibet, die nichtbuddhistischen Dämonen des Landes zu
besiegen, dann aber in das eigene System zu integrieren, ohne dass diese
ihre Aggressivität aufgeben müssen. Eine Transformation ihres Zornes, ihrer
Brutalität und ihres Hasses in Milde findet nicht statt, im Gegenteil diese
negativen Eigenschaften werden noch potenziert, wenn auch jetzt nach außen
hin, gegen die Feinde der Lehre, abgeleitet.
Von äußerster Aggressivität
gegen Andersgläubige ist auch der schon erwähnte Shambhala Mythos, der
einen Weltkrieg im Jahre 2327 voraussagt.
Ebenso ist die tibetische
Geschichte keineswegs friedlich verlaufen, wie uns heute die Lamas
weismachen wollen. Am Anfang stehen die Heere des Königs Sonnigsten Gampo,
Gründer eines tibetischen Großreichs aus dem 7. Jh.: Sie waren in ganz
Asien wegen ihrer Gnadenlosigkeit und Grausamkeit gefürchtet. Dennoch wird
dieser König als eine Inkarnation des Bodhisattvas Avalokiteshvara, als der
"Herr des Mitgefühls" verehrt. Auch der jetzige Dalai Lama gilt
als eine Verkörperung dieses Feldherrn.
Die weltliche Herrschaft der
Mönchselite in Tibet beginnt mit dem Mord an dem König Langdarma, der von
einem Lama durchgeführt wurde. Die weitere Historie Tibets ist durch
blutigste Kämpfe zwischen den verschiedenen Mönchsfraktionen
gekennzeichnet. Dabei kooperierten die untereinander verfeindeten Sekten
grundsätzlich mit nichttibetischen Mächten, insbesondere den Mongolen und
den Chinesen.
Einen Höhepunkt in der
Kriegsgeschichte dieses Volkes bildete der "Bürgerkrieg" zwischen
dem 5. Dalai Lama und dem Karmapa, dem Führer der Rotmützen, im 17
Jahrhundert. Mit welcher Mentalität dieser grausame Konflikt geführt wurde,
das zeigt einen Schlachtenlied des "Grossen Fünften" Dalai Lama,
das seine Gegner bis ins dritte Glied verfluchen soll:
Macht die männlichen Linien zu
Bäumen,
deren Wurzeln abgeschnitten
werden.
Macht die weiblichen Linien zu
Bächen,
die im Winter versiegen. Macht
die Kinder und Enkelkinder zu Eiern,
die gegen Felsen geschleudert
werden.
Macht die Diener und
Gefolgsleute zu Heuhaufen,
die durch Feuer verzehrt
werden.
Macht ihre Wohnsitze zu Lampen,
deren Öl verbraucht ist.
Kurz - vernichtet all ihre
Spuren, selbst ihre Namen.
Auch in unserem Jahrhundert
sind die Kämpfe zwischen den verschiedenen Klöstern nicht versiegt. So
standen sich zum Beispiel der XIII Dalai Lama und der IX Panchen Lama als
zwei Kriegsparteien gegenüber, die zeitweise gegeneinander aufrüsteten.
In der Mongolei bildete sich in
den 20 Jahren ein "Orden buddhistischer Krieger" heraus, der sich
eng an den Shambhala Mythos anlehnte und Dschingis Khan als Bodhisattva
verehrte.
Das kriegerische Potential
dieser Kultur ist auch unter den Exiltibetern wirksam. Jahrelang
kooperierte die tibetische Guerilla mit der CIA und wurde dabei vom XIV Dalai
Lama unterstützt.
"In einer offiziellen
Botschaft" - erklärte dieser - "nannte ich die Guerilleros
'Reaktionäre' und gab bekannt, dass das tibetische Volk sie nicht
unterstützen solle. Zur gleichen Zeit wurde die Delegation instruiert, der
Guerilla zu sagen, sie sollten weiterkämpfen. Wir sprachen mit zwei Zungen,
der offiziellen und der inoffiziellen. Offiziell sahen wir ihre Akte als
Rebellion, aber inoffiziell betrachteten wir sie als Heroen und sagten es
ihnen."
Wir haben in unserem Buch ein
Dokument veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass auch heute der XIV Dalai
Lama die aggressive, nationalistische Opposition gegen China insgeheim
unterstützt und nach außen hin aber als Beschwichtiger auftritt. Befremdend
wirkte auch sein Statement, durch das er 1998 die indischen
Atomwaffenversuche unterstützte. Seit einigen Jahren schon ist die
exiltibetische Community durch schwerste innere Streitigkeiten zwischen
verschiedenen Mönchsgruppen erschüttert, bei denen es nicht selten blutige
Köpfe gibt und wo vor Mordtaten nicht zurückgeschreckt wird.
Siehe zu Katja Sindemann siehe:
Die Furche (med11)
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