Der Schatten des Dalai Lama

Sexualität, Magie und Politik im tibetischen Buddhismus

 

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INTERVIEWS (02)

 

ORF - "Treffpunkt Kultur" - Katja Sindemann - Februar 1999

1. - ORF: Warum haben Sie das Buch geschrieben? Was ist Ihr Anliegen, Ihr Ziel?

TRIMONDI: Als wir vor fünf Jahren mit den Recherchen zu unserem kulturhistorischen Buch begannen, hatten wir ein durchaus positives Verhältnis zum tibetischen Buddhismus. Wie sehr viele Menschen glaubten wir, dass der Dalai Lama einen Grossteil der sozialen Werte, die auch uns am Herzen lagen, mit Mut und Überzeugung zum Ausdruck bringt: Friedfertigkeit, Mitgefühl mit allen leidenden Wesen, Überwindung der Klassenschranken, ökologisches Bewusstsein, Transzendieren des Feindbilddenkens, Gemeinschaftssinn, soziales Engagement, interreligiöser Dialog, Begegnung der Kulturen und vieles mehr.

Insbesondere aber waren wir vom Tantrismus, dem eigentlichen Kern des tibetischen Buddhismus, angezogen. Hier schien es endlich eine Religion zu geben, welche es mit der Gleichberechtigung der Geschlechter ernst nahm, und den Eros nicht aus dem sakralen Raum verbannte, sondern ihn geradezu in sein Zentrum stellte.

Aber nicht nur ideengeschichtlich waren wir mit dem XIV Dalai Lama verbunden. Als Verleger habe ich Bücher von ihm publiziert, habe mehrere Symposien und Großveranstaltungen für ihn organisiert. 1982 holte ich ihn mit einer kleinen Propellermaschine von Paris auf die Frankfurter Buchmesse. Das Flugzeug geriet in einen Sturm und schwankte abenteuerlich. Solche Momente im Leben schaffen Bindungen und es entwickelte sich eine, wenn auch lockere Freundschaft.

Uns gefiel ganz besonders die religiöse Toleranz Seiner Heiligkeit. Niemals fordert der XIV Dalai Lama Menschen dazu auf, ihre angestammte Religion zu verlassen und sich dem Buddhismus anzuschließen. Im Gegenteil er warnt eindringlich vor einem Religionswechsel und betont immer wieder, es sei geradezu die Pflicht eines jeden, denjenigen Glauben, den er annehmen wolle, auf Herz und Nieren zu prüfen, ihm mit aller Skepsis und mit einem völlig kritischen Geist zu gegenüberzutreten und dann erst seine Entscheidung zu fällen.

Das genau haben wir gemacht! In der Absicht, im tibetischen Buddhismus eine spirituelle Lehre zu entdecken, die Antwort weiß auf die Lösung unsere Weltprobleme, haben wir die Grundlagen des Buddhismus, die tantrischen Texte, die Geschichte des Tantrismus und die Biographien der frühen Tantriker studiert, aber vor allem haben wir uns mit der Historie Tibets, der Dalai Lamas und der Politik der Exiltibeter auseinandergesetzt.

Das Ergebnis war verheerend und führte zu einer völligen Revision unserer bisherigen Sicht. Statt einer friedvollen und toleranten haben wir eine kriegerische und aggressive Kultur vorgefunden; statt Frauenfreundlichkeit haben wir ein Systems kennen gelernt, dass die Unterdrückung und Ausbeutung der Frau durch sein Raffinement auf die Spitze treibt. Unterdrückung Andersdenkender, Despotismus, Intoleranz, grenzenlose Machtobsessionen, Dämonisierung und Angst als politische Mittel, Verachtung alles Menschlichen - all das, was wir gerade nicht vermutet hatten, mussten wir in den Texten, den Ritualen und der Geschichte dieser Religion entdecken.

Zunehmend wurde uns dabei bewusst, dass der Dalai Lama ein genialer Manipulator sein muss, der seine Anhänger und den gesamten Westen über die wahren Absichten seines atavistischen religiösen Systems täuscht. Für uns war das zeitweise mit einer persönlichen Krise verbunden - denn es hieß Abschied nehmen von einem hoch geschätzten Menschen, einem spirituellen Vorbild und einem persönlichen Freund.

2. - ORF: Was kritisieren Sie am tibetischen Buddhismus in bezug auf den Umgang mit Frauen - einerseits auf der rituellen, anderseits auf der konkret persönlichen und sozialen Ebene? Wie begründen Sie ihre These, dass die Frau im Ritual durch den männlichen Tantrameister energetisch ausgebeutet wird?

TRIMONDI: Im Gegensatz zu einer weitverbreiteten Meinung ist der tibetische Buddhismus keine zölibatäre und auf sexueller Enthaltsamkeit beruhende Religion. Er basiert im Gegenteil auf dem Tantrismus - einer alten, aus Indien importierten sexualmagischen Tradition, deren Praktiken schon immer als geheim galten.

Die geheimen tantrischen Rituale haben als zentrales Anliegen, sexuelle und weibliche Energie in spirituelle und politische Macht zugunsten einer patriarchalen Mönchselite zu transformieren. Im Kern geht es um das sexualmagische Absaugen und den Raub der weiblichen Energie sowie ihre anschließende Konzentration in der Person des Tantra Meisters, also des jeweils praktizierenden Lamas. Dieser wird, indem er die weiblichen Kräfte in sich aufnimmt, auf der metaphysischen Ebene zu einem androgynen, das heißt zu einem doppelgeschlechtlichen Wesen, welches die Machtpotentiale beider Geschlechter in sich vereinigt und deswegen übermächtig ist.

Das perfide an diesen Ritualen ist, dass in der ersten Phase die Frau durch den Tantra Meister als Göttin und Schöpferin erhöht und verehrt wird. Am Ende der magischen Praktiken aber schert sie aus dem Geschehen aus und hat keinerlei spirituelle Bedeutung mehr, geschweige denn irgendeinen Machtzuwachs. Sie findet keine gleichwertige Anerkennung als spirituelle, seelische und reale Partnerin. Sie ist nur ein Mittel für die Machtzwecke des Tantra Meisters, eine "spirituelle Batterie" auf seinem Weg zu seiner Erleuchtung und zu seiner Allmacht.

Dieser Raub weiblicher Energie geschieht im Tantrismus metaphysisch, emotional, körperlich, mythisch. gesellschaftlich und kirchlich.

Metaphysisch vollzieht er sich der Energieraub durch die sogenannte "Inkorporation der Göttin": Der Tantra Meister betet während des sexualmagischen Rituals seine Partnerin als Göttin an. Am Ende der Zeremonie aber verinnerlicht er die Energien seiner göttlichen "Geliebten", entwickelt so eine "innere Geliebte" und wird dadurch - in seiner Imagination - zu einem zweigeschlechtlichen Wesen, "Gott und Göttin in einem". Seine tantrische Partnerin schickt er anschließend als ganz "normale" Frau nach Hause.

In einigen Tantras ist selbst der rituelle Sexualkontakt mit achtjährigen Mädchen erlaubt. Die tantrischen Partnerinnen sind nur in den seltensten Fällen buddhistische Nonnen. Prostituierte und Mädchen aus den Unterschichten werden bevorzugt. Seit der Verbreitung des tibetischen Buddhismus im Westen haben zunehmend westliche Frauen die Rolle als tantrische Sexualpartnerinnen der Lamas übernommen.

Emotional lebt der Tantra Meister wie die Priester der meisten Religionen von der weiblichen Hingabekraft. Frauen dienen ihm als einem höheren, göttlichen Wesen. Sie sind die Dienerinnen ihres Herrn und haben ihren eigenen, individuellen Willen aufgegeben. Gerade in diesem Verzicht auf Eigenmacht drückt sich ihre spirituelle Liebe aus. Im Gegensatz hierzu verbieten die Tantras dem praktizierenden Lama jegliche Emotion und seelische Bindung zu seiner Partnerin. Er muss gefühllos und mit kalter Berechnung das tantrische Ritual durchführen.

Die körperliche Absorption weiblicher Kraft zeigt besonders deutlich, wie konkret sich der Tantra Meister die Übertragung der Frauenenergie vorstellt. In der tantrischen Performance gilt nämlich das sogenannte Absaugen des weiblichen Samens als ein Höhepunkt. Unter "weiblichem Samen" wird entweder das Menstruationsblut oder - je nach Kommentar - eine andere vaginale Absonderung der Frau verstanden, die in sich hochkonzentrierte magische Frauenkräfte enthalten soll. Durch die sogenannte Vajroli Methode zum Beispiel saugt der Tantra Meister diesen begehrten Stoff mit seinem Penis aus dem weiblichen Geschlechtsteil und baut damit nach der sexuellen Vereinigung - in seiner Imagination - einen doppelgeschlechtlichen, sogenannten Diamantenkörper auf. Selbst der XIV Dalai Lama, der sich stets nach außen hin als einfacher Mönch präsentiert, der von Sexualität nicht viel versteht, weiß sehr genau über die Vajroli Methode Bescheid.

Umgekehrt verbieten die Tantras strengsten, die Ejakulation des männlichen Samens während des Sexualakts. Das würde für den Tantrameister einen verheerenden Verlust von Macht bedeuten.

Auf der mythischen Ebene drückt sich die Ausbeutung weiblicher Energie in einem Gründungsmythos aus, der die Buddhisierung Tibets schildert. Die Legende erzählt, dass der erste buddhistische König des Landes, Sonnigsten Gampo, eine Riesin mit dem Namen Srinmo besiegt habe. Srinmo gilt als die weibliche Inkarnation des vorbuddhistischen Tibet, die sich mit allen Mitteln gegen die neue Lehre aus Indien zur Wehr gesetzt hatte. Der Gampo König warf Srinmo, die "Mutter Tibets", nieder und nagelte sie mit zwölf Nägeln an den Boden. Auf jedem Nagel errichtete er ein buddhistisches Kloster und auf dem Herzen der Srinmo wurde der Yokhang gebaut, der Haupttempel des tibetischen Buddhismus. Unter dem Yokhang befindet sich - der Sage nach - ein grosser See, der aus dem Herzblut der Riesin besteht. Die ersten klerikalen Machtzentren des Schneelandes wurden also auf dem stigmatisierten Körper eines geschundenen Weibes errichtet, um die absolute männliche Oberherrschaft über Tibet zu demonstrieren. Das Land Tibet ist mythisch gesehen eine Frau, das von den Lamas besiegt, bestraft und versklavt wurde.

Auf der gesellschaftlichen Ebene ist der Frau der Zugang zu den sakralen Stätten stark eingeschränkt. Es gibt Klöster und Berge, die niemals oder nur zu ganz bestimmten Zeiten von Frauen betreten werden dürfen. Für den Lamaismus gilt alles Weibliche außerhalb der Tantras als unrein und schadbringend. Das tibetische Wort für Frau bedeutet wörtlich übersetzt "niedrig Geborene". Mann dagegen heißt "Wesen von höherer Geburt". Damit ist alles Grundsätzliche über die soziale Lage der Frau in der traditionellen tibetischen Kultur gesagt.

Auch auf der kirchlichen Ebene, d. h. innerhalb der buddhistischen Gemeinschaft, der Sangha, haben die Frauen ebenfalls eine untergeordnete Position. Der Doktrin nach geht die buddhistische Lehre davon aus, dass Frauen keine Erleuchtung erlangen können, sondern erst als Mann wiedergeboren werden müssen. Nonnen müssen sich, selbst wenn sie das Amt einer Äbtissin ausüben, vor jedem noch so geringen buddhistischen Mönch als erste verbeugen.

Der Tantrismus hat den allgemeinen Grundsatz des Mahayana Buddhismus übernommen, dass eine Frau in ihrem Leben keine Erleuchtung erlangen kann. Sie muss erst als Mann wiedergeboren werden.

Diese durchgängige und mit Methode durchgeführte Unterdrückung und Ausbeutung des Weiblichen und der Frau in der tibetisch-buddhistischen Kultur hat uns dazu veranlasst, von einem "tantrischen Frauenopfer" zu sprechen. Mehrere gewichtige Hinweise deuten darauf hin, dass in der Frühphase der Tantras solche Opfer auch real an Frauen vollzogen wurden. Es geht im tantrischen Buddhismus also nicht darum, dass die Geschlechter gleichwertig miteinander kooperieren, sondern dass das männliche Prinzip das weibliche beherrscht, zu seinen Gunsten benutzt und letztendlich aus omnipotenten Machtinteressen vernichtet.

Diese tantrische Obsession ist dem ursprünglichen Buddhismus völlig fremd. Der historische Buddha erhob neben Armut und Friedfertigkeit, die Keuschheit und Ehelosigkeit seiner Mönche zur höchsten Maxime. Er floh alles Weibliche und deswegen ist sein System ist nicht von der Ausbeutung sondern von der Angst vor der Frau gekennzeichnet. Auf die Frage, ob einem Mönch der Geschlechtsverkehr erlaubt sei, antwortete Shakyamuni: "Besser wäre es, Einfältiger, wenn Dein Geschlecht in den Mund einer giftigen und schrecklichen Schlange eindränge, als dass es in eine Frau eindringt. Besser wäre es, Einfältiger, wenn Dein Geschlecht in einen Backofen eindränge, als dass es in eine Frau eindringt." Der buddhistische Tantriker beendet jedoch nicht diese ursprüngliche Misogynie, sondern verstärkt sie noch, indem er die weibliche Energie für seine Machtinteressen ausbeutet und vernichtet.

3. ORF: Sie werfen dem Dalai Lama vor, die Weltenherrschaft anzustreben und eine Buddhokratie errichten zu wollen. Wie begründen Sie ihre These?

TRIMONDI: Wir werfen dem Dalai Lama das nicht vor, sondern die Idee von der Weltherrschaft und die Errichtung einer weltweiten Buddhokratie sind traditioneller Bestandteil der tibetisch- buddhistischen Doktrin. Sie sind die treibende Kraft hinter dem höchsten tibetischen Staatsritual, dem Kalachakra Tantra.

Dabei handelt sich dabei um eine komplizierte rituelle Performance mit 15 verschiedenen Einweihungen, durch welche zentral die machtvolle Stellung eines Weltenherrschers, eines sogenannten "Chakravartin", erlangt werden soll. "Kalachakra" bedeutet übersetzt das "Rad der Zeit". Wer die Zeit beherrscht, der regiert über den Lauf der Geschichte und der Sterne - das genau ist die tiefere Absicht dieses Rituals.

Was ist unter einer globalen Buddhokratie nach tibetisch-traditioneller Sicht zu verstehen?

1.      dass der Buddhismus als einzige Staatsreligion für unseren Planeten Geltung hat und keine anderen Glaubensrichtungen neben sich duldet, beziehungsweise gänzlich von den Machtstrukturen ausschließt.

2.      dass auf weltweiter Ebene die politische und die spirituelle Herrschaft nicht voneinander getrennt sind, also dass die Weltkirche und der Weltstaat eine Einheit bilden.

3.      dass die politische Macht vom Mönchsklerus ausgeübt wird.

4.      dass das globale Staatsoberhaupt, der Weltenherrscher, nicht ein einfacher Mensch ist, sondern ein inkarniertes Buddhawesen, das heisst eine lebende Gottheit auf Erden.

Im Grunde handelt es sich bei diesem Konzept um die Übertragung der traditionellen tibetischen Staatsform auf den gesamten Planeten. Auch in Tibet war das Staatsoberhaupt ein inkarniertes Buddhawesen, der Dalai Lama.

Der tibetische "Gottkönig" gilt als der höchste Kalachakra Meister. Er hat den öffentlichen Teil des Rituals seit 1954 insgesamt 25mal, davon mehrmals im Westen und mittlerweile vor Hunderttausenden von Menschen, durchgeführt. Bei seinen Anhängern herrscht kein Zweifel darüber, dass es sich hierbei um eine Zeremonie handelt, welche die Buddhisierung der Welt vorbereitet. Zum Beispiel gab der berühmte Tibetologe Robert Thurman, Vater der bekannten Schauspielerin Uma Thurman, 1997 auf einer internationalen Tibetkonferenz in Bonn den baldigen Untergang des dekadenten und materialistischen Westens und seinen Ersatz durch eine weltweite buddhokratische Herrschaft nach tibetischem Muster bekannt. Der bekannte Hollywoodschauspieler Richard Gere spricht von einer Kettenreaktion, die in den nächsten Jahren zu einer explosionsartigen Ausbreitung des tibetischen Buddhismus im Westen führen soll.

 4. - ORF: Welche Verbindung sehen Sie zwischen Faschismus und Tantrismus?

TRIMONDI: Der tibetische Tantrismus hat eine außerordentlich große, bisher kaum beachtete Anziehungskraft auf faschistische Visionäre ausgeübt. Die Idee vom Weltenkönigtum, die Vereinigung der weltlichen und geistigen Macht in einer einzigen Person, die Kriegsideologie des Shambhala Mythos, die kompromisslose männerorientierte Ausrichtung, die tantrische Opferung des Weiblichen, das gesamte okkulte Ambiente wurden von einigen faschistischen Intellektuellen konkret übernommen und zu einem aggressiven Mythos zusammengeschweißt.

An erster Stelle ist hier Julius Evola zu nennen. Der italienische Okkultist war jahrelang der spirituelle Berater und Chefideologe Benito Mussolinis und ein gefeierter Gastreferent vor Einheiten der deutschen SS. In zahlreichen seiner Werke beschreibt er präzise die sexualmagische Transformation weiblicher Energie in politische Macht - so wie wir das aus dem tibetischen Tantrismus kennen. Er selber hat solche Riten praktiziert.

In Diktatoren wie Adolf Hitler und Benito Mussolini sah er die Vorläufer zukünftiger Maha Siddhas (das sind machtvolle buddhistische Tantra Meister), die dereinst die Welt mit ihren magischen Kräften beherrschen werden.

Eine noch schillerndere Persönlichkeit ist der Vorsitzende der chilenischen Nationalsozialisten Miguel Serrano. Serrano war Botschafter Chiles in Indien, dann in Österreich, Bulgarien und im ehemaligen Jugoslawien und bei der UNO.

1978 erschien von ihm ein Buch, indem er behauptet, dass Hitler noch lebe, in das unterirdische Königreich Shambhala geflohen sei und von dort aus einen neuen Weltkrieg vorbereite. Er werde als kriegerischer "Avatar", als die Verkörperung eines Gottes, wiederkehren. Für Serrano bestand der esoterische Kern der SS aus einem okkulten Orden buddhistisch orientierter Krieger, die sexualmagische Praktiken durchführten. Die tantrische Opferung der Frau zieht sich wie ein Leitfaden durch all seine Schriften. Serrano baute aus zentralen Stellen des tibetischen Tantrismus und dem Shambhala Mythos eine eigene rassistisch-nazistische Vision auf, die er als "esoterischen Hitlerismus" bezeichnet.

Mit Recht gilt der Chilene als die okkulte Eminenz des modernen, internationalen Faschismus. Seine phantasmagorischen Behauptungen, die durchaus ernst genommen werden, haben mittlerweile in der deutschsprachigen Naziszene eine fanatische Anhängerschaft gefunden. Der XIV Dalai Lama ist Serrano mehrmals begegnet. Dieser war der erste ausländische Diplomat, der dem "Gottkönig" 1959 auf seiner Flucht beim Überschreiten der indischen Grenze empfing

Auch mit ehemaligen SS'lern unterhält und unterhielt Seine Heiligkeit freundschaftliche Kontakte. Allen voran der österreichische Bergsteiger Heinrich Harrer, der 1938 der SS beitrat, und der in den 40er Jahren zum Lehrer des jungen Gottkönigs avancierte. Auch Heinz Schäfer, wissenschaftlicher Leiter des berüchtigten NS Ahnenerbes, und Bruno Beger, der in Auschwitz Menschenexperimente durchführte, zählten und zählen zum Bekanntenkreis des Dalai Lama. Sie waren beide Mitglieder einer von Heinrich Himmler vor dem 2. Weltkrieg veranlassten Tibetexpedition.

Anrüchig wurde auch der Kontakt des Dalai Lama zu einem weiteren großen Verehrer Adolf Hitlers. Der Kirchenfürst geriet in die öffentliche Kritik, als seine Beziehungen zu dem japanischen Weltuntergangsguru Asahara, den er insgesamt fünfmal traf, bekannt wurden. Asahara hatte 1995 einen Giftgasanschlag auf die U-Bahn in Tokio verübt, bei dem mehrere Tote gab und über 5000 Menschen verletzt wurden.

Die guten Beziehungen des tibetischen Gottkönigs zu Asahara wurden sehr bald in der offiziellen Presse als eine bedauerliche Fehleinschätzung abgetan. Es gab keinerlei fundierte Analysen von Asaharas religiösem System und von seinen spirituellen Motiven. Hätte man diese geleistet, so wäre man bald zu dem Schluss gekommen, dass sich Asahara ganz wesentlich an Modellen aus dem tibetischen Buddhismus orientiert hatte. Es ist nicht schwer nachzuweisen, dass er seine Ideologie, seine Rituale, seine Zielsetzungen und zu den Argumenten für seine mörderischen Handlungen aus Elementen der Tantras und des Shambhala Mythos zusammengesetzt waren. Asahara sah sich so zu dem tibetischen Kulturkreis hingezogen, dass er davon überzeugt war, sein neugeborener Sohn sei der neue Panchen Lama.

Die häufige und enge Verflechtung des tibetischen Buddhismus mit dem Faschismus sollte den Westen aufhorchen lassen. Die demokratische Fraktionen der westlichen Politlebens werden jedoch vom Dalai Lama ausschließlich mit Maximen des Mahayana Buddhismus bedient, der Faschismus aber hält sich an den eigentlich tibetischen Weg, den der Tantras und dem des Shambhala Mythos.

 5. ORF: Sie weisen die Bemühungen des Dalai Lama um demokratische Strukturen in der tibetischen Gemeinschaft als oberflächlich und unzureichend zurück. Warum?

TRIMONDI: Der lamaistische Staat ist vom Prinzip her - wie wir schon ausgeführt haben - eine Buddhokratie, ein Gottesstaat, demokratische Strukturen sind für ihn wesensfremd. Dennoch beruft sich der XIV Dalai Lama immer wieder und mit großem Erfolg auf die Prinzipien westlicher Demokratien. Was ist davon zu halten?

Seit 1961 besteht offiziell ein Parlament bei den Exiltibetern. Jeder, der die Geschichte dieser Volksvertretung untersucht, wird sehen, dass es sich hierbei um eine westliche Schminke handelt, hinter der die alten buddhokratischen Grundsätze weiterwirken. Zum Beispiel ist der Dalai Lama der Staatschef auf Lebenszeit; es hat in der bald vierzigjährigen Geschichte dieser Volksvertretung niemals eine Mehrheitsentscheidung gegen den "Gottkönig" gegeben. Auf die Frage eines westlichen Journalisten an den Vizepräsidenten Thubten Lungring, ob dies überhaupt möglich sei, antwortete dieser: "Nein - nicht möglich!" Erst Mitte der 90 Jahre wurde die erste exiltibetische Partei (The national democratic Party of Tibet) gegründet.

Der Dalai Lama lässt auch durch eine andere höchst undemokratische Institution seine Politik bestimmen - wir meinen das Staats- oder Nechungorakel. Dabei handelt es sich um einen ehemaligen mongolischen Kriegsgott der in ein menschliches Medium einfährt und bei allen wichtigen politischen Entscheidungen befragt wird. Der Dalai Lama betont in seinen beiden Autobiographien seitenlang, wie wichtig für ihn die Ratschläge seines Orakels waren und wie er sich grundsätzlich in seiner Politik danach gerichtet hat. Auch das Parlament befragt, wenn es nicht mehr weiter weiß, den Orakelgott.

Ausgehend von der Konkurrenz zwischen zwei Orakelgöttern, dem Staatsorakel auf der einen Seite und seinem Widersacher dem Shugden Orakel auf der anderen, geht die exiltibetische Community zurzeit durch eine innere, politische Zerreißprobe. Alle Spielarten eines despotischen Regimes sind in diesem Konflikt ans Tageslicht getreten: Verfolgung Andersgläubiger, religiöse Intoleranz, Berufsverbote, blutige Krawalle, Morddrohungen, Fälschungen von Dokumenten, bis hin zum politischen Mord. Das Bild vom friedliebenden Tibet und seinen sanftmütigen Einwohnern, das hier im Westen so weit verbreitet war, hat sich in sein Gegenteil verkehrt.

6. ORF: Der Dalai Lama ist Friedensnobelpreisträger, wie verträgt sich das mit Ihrer These, dass der tibetische Buddhismus Aggressivität und Krieg befürwortet.

TRIMONDI: Im Westen hat der Dalai Lama seine Berühmtheit und sein Charisma nicht zuletzt deswegen erlangt, weil er mit einem konsequenten Friedensprogramm an die Öffentlichkeit getreten ist. Zahlreiche Menschen im Westen auch viele Nichtbuddhisten sehen in ihm einen ethisch hochstehenden "Friedensapostel" und in seiner Kultur eine Friedensbotschaft an die ganze Welt.

Dieses pazifistische Bild ist jedoch eine bewusst inszenierte Fälschung: Weder ist der tibetische Buddhismus vom Prinzip her friedlich, noch war die Geschichte der Tibeter friedlich, noch waren die Dalai Lamas Friedensfürsten, noch ist die Politik der Exiltibeter pazifistisch.

Die Tantras und die tibetische Mythologie sind vielmehr äußerst aggressiv und die physische Vernichtung von Gegnern der buddhistischen Lehre zählt zu den ständig wiederholten Forderungen in den höchsten Ritualtexten. Jeder Buddha oder Bodhisattva hat der Doktrin nach seine zornvolle und zerstörerische Seite.

Es gibt zahlreiche Schutzgottheiten, die mit grausamsten Mitteln gegen ihre Feinde vorgehen.

Der Kriegsgott Begtse zum Beispiel findet bis heute eine hohe kultische Verehrung unter den Lamas. Er wird ikonographisch dargestellt wie er das herausgerissene Herz eines Feindes verzehrt. In den Kriegswirren der Mongolei, Ende der 20 Jahre, wurden von mongolischen Lamas diese mörderischen Herzrituale real durchgeführt.

Die Hauptschutzgottheit des Dalai Lama ist Palden Lhamo eine schreckliche Kriegsgöttin die auf einem Maulesel durch einen kochenden Blutsee reitet und alles um sich herum in Schutt und Asche legt. Palden Lhamo benutzt als Sattel die Haut ihres eigenen Sohnes, den sie eigenhändig opferte, als sich dieser weigerte die buddhistische Lehre anzunehmen. Dalai Lama gilt auch als die Inkarnation des brutalen Kriegsheroen Gesar von Ling.

Es zählte zur Bekehrungsarbeit des Frühbuddhismus in Tibet, die nichtbuddhistischen Dämonen des Landes zu besiegen, dann aber in das eigene System zu integrieren, ohne dass diese ihre Aggressivität aufgeben müssen. Eine Transformation ihres Zornes, ihrer Brutalität und ihres Hasses in Milde findet nicht statt, im Gegenteil diese negativen Eigenschaften werden noch potenziert, wenn auch jetzt nach außen hin, gegen die Feinde der Lehre, abgeleitet.

Von äußerster Aggressivität gegen Andersgläubige ist auch der schon erwähnte Shambhala Mythos, der einen Weltkrieg im Jahre 2327 voraussagt.

Ebenso ist die tibetische Geschichte keineswegs friedlich verlaufen, wie uns heute die Lamas weismachen wollen. Am Anfang stehen die Heere des Königs Sonnigsten Gampo, Gründer eines tibetischen Großreichs aus dem 7. Jh.: Sie waren in ganz Asien wegen ihrer Gnadenlosigkeit und Grausamkeit gefürchtet. Dennoch wird dieser König als eine Inkarnation des Bodhisattvas Avalokiteshvara, als der "Herr des Mitgefühls" verehrt. Auch der jetzige Dalai Lama gilt als eine Verkörperung dieses Feldherrn.

Die weltliche Herrschaft der Mönchselite in Tibet beginnt mit dem Mord an dem König Langdarma, der von einem Lama durchgeführt wurde. Die weitere Historie Tibets ist durch blutigste Kämpfe zwischen den verschiedenen Mönchsfraktionen gekennzeichnet. Dabei kooperierten die untereinander verfeindeten Sekten grundsätzlich mit nichttibetischen Mächten, insbesondere den Mongolen und den Chinesen.

Einen Höhepunkt in der Kriegsgeschichte dieses Volkes bildete der "Bürgerkrieg" zwischen dem 5. Dalai Lama und dem Karmapa, dem Führer der Rotmützen, im 17 Jahrhundert. Mit welcher Mentalität dieser grausame Konflikt geführt wurde, das zeigt einen Schlachtenlied des "Grossen Fünften" Dalai Lama, das seine Gegner bis ins dritte Glied verfluchen soll:

Macht die männlichen Linien zu Bäumen,

deren Wurzeln abgeschnitten werden.

Macht die weiblichen Linien zu Bächen,

die im Winter versiegen. Macht die Kinder und Enkelkinder zu Eiern,

die gegen Felsen geschleudert werden.

Macht die Diener und Gefolgsleute zu Heuhaufen,

die durch Feuer verzehrt werden.

Macht ihre Wohnsitze zu Lampen,

deren Öl verbraucht ist.

Kurz - vernichtet all ihre Spuren, selbst ihre Namen.

Auch in unserem Jahrhundert sind die Kämpfe zwischen den verschiedenen Klöstern nicht versiegt. So standen sich zum Beispiel der XIII Dalai Lama und der IX Panchen Lama als zwei Kriegsparteien gegenüber, die zeitweise gegeneinander aufrüsteten.

In der Mongolei bildete sich in den 20 Jahren ein "Orden buddhistischer Krieger" heraus, der sich eng an den Shambhala Mythos anlehnte und Dschingis Khan als Bodhisattva verehrte.

Das kriegerische Potential dieser Kultur ist auch unter den Exiltibetern wirksam. Jahrelang kooperierte die tibetische Guerilla mit der CIA und wurde dabei vom XIV Dalai Lama unterstützt.

"In einer offiziellen Botschaft" - erklärte dieser - "nannte ich die Guerilleros 'Reaktionäre' und gab bekannt, dass das tibetische Volk sie nicht unterstützen solle. Zur gleichen Zeit wurde die Delegation instruiert, der Guerilla zu sagen, sie sollten weiterkämpfen. Wir sprachen mit zwei Zungen, der offiziellen und der inoffiziellen. Offiziell sahen wir ihre Akte als Rebellion, aber inoffiziell betrachteten wir sie als Heroen und sagten es ihnen."

Wir haben in unserem Buch ein Dokument veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass auch heute der XIV Dalai Lama die aggressive, nationalistische Opposition gegen China insgeheim unterstützt und nach außen hin aber als Beschwichtiger auftritt. Befremdend wirkte auch sein Statement, durch das er 1998 die indischen Atomwaffenversuche unterstützte. Seit einigen Jahren schon ist die exiltibetische Community durch schwerste innere Streitigkeiten zwischen verschiedenen Mönchsgruppen erschüttert, bei denen es nicht selten blutige Köpfe gibt und wo vor Mordtaten nicht zurückgeschreckt wird.

Siehe zu Katja Sindemann siehe: Die Furche (med11)


 

 

 

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